Abraham hört Gott unter dem nächtlichen Sternenhimmel

Eben ist Abraham aus einem unruhigen Schlaf aufgewacht. Aber es ist noch mitten in der Nacht. Alles ist dunkel. Neben sich hört Abraham seine Frau Sara atmen. In seinem Kopf gehen so viele Gedanken hin und her, die ihn am Weiterschlafen hindern. Gestern Abend noch hatte er mit Sara über ihre gemeinsamen Sorgen gesprochen, von denen er nicht loskommt. „Wir haben eine große Schafherde“, hatte er zu Sara gesagt, „es geht uns jetzt eigentlich sehr gut. Aber wir sind schon alt und haben keine Kinder. Wie soll es mit uns weitergehen, wenn wir noch älter werden und nicht mehr arbeiten können? Wer wird dann für uns und unsere Herde sorgen?“ Dann haben beide lange geschwiegen. Mit eigenen Kindern, ja mit nur einem Kind wäre das alles anders. Dem könnten Abraham und Sara alles beibringen, was man zum Beruf des Schafhirten wissen muss. Und wenn das Kind groß wäre, könnte es die Aufgaben übernehmen und auch dafür sorgen, dass es seinen alten Eltern gut geht. Aber so ist es nicht. Abraham und Sara haben kein Kind und das macht ihnen so große Sorgen. Die haben Abraham jetzt mitten in der Nacht geweckt. Wie soll es nur mit ihnen weitergehen?

Schon oft haben die beiden zu Gott gebetet: „Gott, du hast es doch bisher so gut mit uns gemeint! Du hast uns doch mit unserer Schafherde so reich gesegnet. Aber warum hast du uns kein Kind geschenkt? Was nützt uns all das, was wir besitzen, wenn wir keine Kinder haben, an denen wir uns freuen können? Wir würden doch so gerne für sie sorgen, und später würden sie sich dann um uns kümmern. All die anderen haben ihre Familie, nur wir nicht. Und jetzt sind wir so alt, dass Sara keine Kinder mehr bekommen kann. Guter Gott, hast du uns vergessen?“

So ähnlich betet Abraham auch jetzt wieder. Er murmelt sein Gebet ganz leise vor sich hin, denn er will Sara nicht wecken. Es genügt, wenn er allein mit den großen Sorgen nicht schlafen kann. Er hat das Gefühl, dass seine Not im Dunkel der Nacht größer und größer wird. Und deshalb betet er immer weiter zu Gott. Denn er weiß: Nur Gott kann ihm diese Sorgen abnehmen, ihn von dieser schweren Sorgenlast befreien. Abraham liegt auf seiner Schlafmatte und sehnt sich so sehr nach einem Zeichen, dass Gott ihn hört und ihm helfen wird. Und je länger er unruhig auf seinem Bett liegt, umso größer wird diese Sehnsucht.

Plötzlich hört Abraham, dass Gott zu ihm spricht. Er hört es in seinem Herzen, wie mit Ohren, die nach innen gehen. Jetzt ist er ganz still und aufmerksam. „Steh auf“, sagt Gott zu ihm, „geh hinaus vor das Zelt!“ „Warum wohl?“, denkt sich Abraham, „was soll ich da draußen mitten in der dunklen Nacht?“ Aber er steht auf, öffnet vorsichtig die Plane am Eingang des Zelts und tritt hinaus.

Draußen ist es viel heller als im Zelt. Obwohl der Mond nicht scheint, kann er die Umrisse der anderen Zelte und auch der Schafe gut erkennen, die sich im Schlaf eng aneinander gedrückt haben. „Schau nach oben“, sagt Gott zu ihm. Er hebt den Blick und sieht einen leuchtenden Sternenhimmel. Von ihm kommt das Licht hier draußen. Prächtig ist dieses Leuchten, hell glänzen die vielen, vielen Sterne. Natürlich hat er den Sternenhimmel schon oft gesehen, aber jetzt ist es ihm, als ob dieser Himmel noch nie so wunderbar geglänzt hat wie jetzt – mit unzähligen Lichtpunkten, mal ganz dicht aneinander, mal eher verstreut. Abraham kann sich an diesem Sternenhimmel kaum sattsehen.

Und dann hört er wieder Gottes Stimme in sich: „Abraham, kannst du die Sterne zählen?“ Der schüttelt nur stumm den Kopf. „Abraham, ihr werdet einen Sohn bekommen, der wird heiraten und wieder Kinder haben und die auch wieder, immer mehr und immer weiter. Das alles werden eure Nachkommen sein. Und es werden so viele werden, wie die Sterne am Himmel!“

Abraham kann seinen Blick nicht lösen von den unzähligen Sternen da oben. „Ja“, sagt er, „du Gott hast den Himmel geschaffen mit den unzähligen Sternen. Und du kannst uns auch ein Kind schenken und ihm wieder Kinder und immer so weiter. Danke, Gott, für dieses Zeichen!“ Und so weit der Sternenhimmel von Abraham weg ist, so weit geht sein Blick nun in die Zukunft mit unzähligen Menschen, die alle zu seiner Familie gehören werden. „Danke, Gott“, sagt Abraham wieder. „So unendlich weit der Sternenhimmel ist, so groß ist deine Fürsorge für uns!“ Nun ist es Abraham viel leichter ums Herz. Er geht wieder hinein ins Zelt, legt sich leise auf seine Schlafmatte. Und er kann gut schlafen, bis zum Morgen.

Als er wieder aufwacht, ist es heller Tag. Die Sterne sind alle verschwunden. Aber das Bild vom nächtlichen Sternenhimmel und die Worte von Gott, die er gehört hat, sind noch ganz lebendig in ihm. Und er freut sich darauf, dass er Sara nun gleich von seinem Erlebnis in dieser Nacht erzählen kann.

 

Gesprächsanregungen

  • Was und wie hat Abraham wohl seiner Frau Sara von seinem nächtlichen Erlebnis erzählt?
  • In der Nacht können Sorgen manchmal schwer wie Stein werden. Kannst du dir vorstellen, was Abraham da so bedrängt hat?
  • Als Abraham den Sternenhimmel sah, wurde ihm ganz sonderbar zumute. Wenn Sara neben ihm gestanden wäre, was hätte er ihr dann wohl gesagt?
  • Mit den Worten von Gott sah Abraham den Sternenhimmel nochmal ganz anders als vorher. Was war für ihn jetzt anders?
  • Lange Zeit nach Abraham ist aus Abrahams und Saras Enkeln, Urenkeln usw. wirklich ein Volk entstanden. Auch da erzählten sich die Mitglieder dieses jüdischen Volks gerne diese Geschichte. Warum wohl?
  • Auch in unserer Zeit denken viele Menschen gerne an Abraham und Sara als die Begründer einer großen Gemeinschaft, zu der sie alle gehören: Juden, Christen und Muslime. Was könnte für uns wohl der Himmel mit seinen unzähligen Sternen bedeuten?
  • Was könnte der Sternenhimmel wohl für das Zusammenleben aller Menschen bedeuten?

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