Erzählvorschlag zu: Der Weg nach Emmaus (Lukas 24)

Kleopas und sein Freund sind nun schon einige Stunden unterwegs. Hinter ihnen liegt die große Stadt Jerusalem, hinter ihnen liegen auch schreckliche Tage. Ab und zu drehen sie sich um nach den mächtigen Mauern und Toren der Stadt, aber das weckt nur die Erinnerung daran wieder auf, wie Jesus verhaftet wurde, wie er am Kreuz starb und wie er begraben wurde. „Warum nur ist das alles geschehen?“ fra-gen sie sich immer wieder. „Warum nur musste unser Jesus sterben?“ Sie seufzen tief und schauen wieder nach vorne. Steinig und mühsam ist der Weg zu dem Ort Emmaus. „Und wie soll es jetzt weitergehen?“ fragt Kleopas seinen Freund. „Ohne Jesus ist doch alles so leer, so traurig!“ – „Meinst du“, fragt der zurück, „dass alles umsonst war, was Jesus getan hat?“ Kleopas zuckt nur die Schultern. „Jesus hat so viel von Gottes Liebe zu den Menschen erzählt, aber davon spüre ich jetzt nichts mehr!“ antwortet er. Dann sagen sie lange nichts, jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach.

Da werden sie plötzlich von einem Mann angesprochen, der sie wohl überholen will, aber dann doch in gleichem Schritt mit ihnen weitergeht. „Was ist denn mit euch los?“ fragt er sie. „Ihr macht ja ein Gesicht, als ob etwas ganz Schlimmes passiert ist!“ – „Das ist es auch“, antwortet Kleopas. Und er fängt an zu erzählen. Sein Freund wundert sich über das große Interesse des Fremden. Der hört aufmerksam zu. Beide erzählen alles, was in den letzten Tagen mit Jesus in Jerusalem geschah. Der Frem-de fragt immer wieder nach, lässt sich alles genau erklären. Das tut den beiden Jüngern gut, sich ihren ganzen Kummer von der Seele zu reden. „Ich kann gut verstehen, wie enttäuscht ihr jetzt seid“, sagt der Fremde dann. „Aber meint ihr wirklich, dass jetzt mit Jesus alles aus ist?“ – „Wie soll es denn anders sein?“ antworten die beiden. „Tot ist tot, was soll da jetzt noch geschehen?“ – „Aber das würde doch hei-ßen“, fährt der Fremde fort, „dass Gott seinen Jesus im Stich gelassen hat“. - „So ist es wohl“, sagen die beiden, aber sie sind jetzt doch ein bisschen unsicher mit ihrer Antwort. „Meint ihr nicht“, fährt der Fremde fort, „dass Gott mit Jesus noch etwas ganz anderes im Sinn haben könnte?“ Der Fremde bringt die beiden auf Gedanken, die sie in ihrer Traurigkeit überhaupt noch nicht gedacht haben, nämlich dass die Geschichte mit Jesus noch gar nicht zuende ist, dass sie noch weitergeht. „Aber wie denn?“ fragen sie immer wieder, „wie soll das gehen, er ist doch tot!“ Der Fremde lässt nicht locker. Und er redet mit ihnen darüber, dass Gott auch neues Leben schenken kann. Das sind für die beiden wunderbare Gedanken, auf die sie alleine gar nicht gekommen wären. „Und was bedeutet solches neue Leben für uns?“ fragen sie den Fremden. „Es könnte doch ein neues Leben sein, das auch in euch selbst wohnt“, antwortet der. Verblüfft schauen sich die beiden Freunde an. Und dann erin-nern sie sich, dass auch Jesus schon einmal mit ihnen über solche Sachen gespro-chen hat. Sie hatten das aber damals überhaupt nicht verstanden.

Wie der Fremde so mit ihnen spricht, erinnern sie sich immer mehr an das, was Jesus gesagt hatte. Es ist ihnen so, als ob etwas von Jesus bei ihnen wäre. Und jetzt können sie immer mehr immer besser verstehen. Es ist so schön, mit diesem fremden Begleiter zu reden. Es ist so wie früher, als sie mit Jesus oft lange und interes-sante Gespräche hatten. Ja, so könnten sie gerne noch stundenlang, ja tagelang beieinander bleiben.

Aber dann tauchen vor ihnen die Mauern und Häuser von Emmaus auf. Der Fremde will sich schon von ihnen verabschieden, da sagen sie wie aus einem Munde: „Geh bitte nicht fort! Bleib noch bei uns“. Und sie reden abwechselnd auf ihn ein: „Wir haben doch noch so viel zu besprechen! Was du über das neue Leben sagst, das ist so wichtig für uns, das wollen wir noch besser verstehen, da wollen wir noch mehr von dir hören. Wir haben doch noch so viele Fragen! Und außerdem wird es abends ge-fährlich auf den Straßen. Wir könnten doch gemeinsam zu Abend essen und übernachten“. Als der Fremde ja sagt, sind sie ganz glücklich.

Nach einer Weile sitzen sie gemeinsam am Tisch. „So sind wir mit Jesus auch oft beisammen gesessen“, sagt Kleopas. „Es war mit Jesus so schön wie jetzt mit dir!“ Und dann nimmt der Fremde das Brot, bricht es und spricht das Tischgebet. Kleopas beugt sich zu seinem Freund und flüstert: „Genau so wie bei Jesus!“ Als er wieder aufschaut, ist der Platz leer. Zuerst sind beide erschrocken, wollen aufstehen und nach dem Fremden suchen. Aber es ist wie eine Helligkeit im Raum, ein Licht, das sie spüren, das sie in sich spüren, das man mit den Augen gar nicht sehen kann.

„Das neue Leben“, sagt Kleopas langsam, und sein Freund antwortet: „Ja, das neue Leben von Jesus. Er war es selbst und hat uns etwas von seinem neuen Leben gezeigt!“ – „Von dem neuen Leben, mit dem er jetzt auch in uns ist, so hat er es doch selbst gesagt!“ ergänzt Kleopas. „Er lebt“, rufen die beiden, „alles stimmt, was er uns gesagt hat, damals und auch jetzt wieder!“ Und dann sagen sie voller Freude zuein-ander: „Wir haben seine Nähe erlebt und spüren sein neues Leben in uns. Komm, das müssen wir unbedingt den anderen sagen, jetzt sofort!“ Und obwohl es schon Nacht ist und auch gefährlich draußen, machen sie sich auf den Weg zurück nach Jerusalem. Unterwegs reden sie auch, aber jetzt mit leichtem, frohem Herzen. „Dass wir das nicht gemerkt haben“, rufen sie sich immer wieder zu, „er war bei uns, und wir haben ihn einfach nicht erkannt“. Sie haben keine Angst. Ihre Traurigkeit ist schon längst verflogen. Sie können es kaum erwarten, den anderen von ihrer Freude zu erzählen.

Und dann sind sie am Ziel und rufen den anderen zu: „Wir haben Jesus gesehen, er war neben uns, und wir haben ihn nicht erkannt! Jetzt sehen wir ihn nicht mehr, aber wir wissen dass er lebt, in einem neuen Leben bei Gott und auch in uns. Ist das nicht wunderbar?“ Und die anderen Jünger antworten: „Er ist auch uns erschienen, wir haben auch seine Nähe erlebt. Kommt, lasst uns miteinander feiern, dass Jesus mit seiner Kraft bei uns ist!“ Und sie brechen das Brot und teilen den Wein aus, erzählen einander, wie sie mit Jesus gefeiert haben und wie sie ihn jetzt spüren, obwohl sie ihn nicht mehr sehen können.


Gesprächsanregungen:

- Kennt ihr das auch, dass man etwas erlebt und es erst hinterher richtig versteht?
- Wie sagen wir es den anderen? – haben sich die beiden unterwegs überlegt. Wie hättet ihr es den anderen in Jerusalem erzählt?
- Nachdem die beiden Jünger in Emmaus wieder allein waren, waren sie überhaupt nicht mehr traurig, sondern voller Freude.
    Kannst du verstehen, warum?
- Kannst du dir vorstellen, dass die Jünger nach ihrem Erlebnis in Emmaus viel fröhlicher von all dem erzählt haben, was sie alles
    mit Jesus erlebt hatten, als vorher. Was ist jetzt bei ihnen anders?
 

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