2. Zusammenhang von Leben und Glauben von Anfang an

 

Der Blick auf die Anfänge des Glaubens richtet sich zugleich auf Aktivitäten, die dem Kind Strukturen für sein Erleben in Zeit und Raum anbieten: Wiederkehrende Rituale bekräftigen die Verlässlichkeit der Bezugspersonen, fördern das freudige Wiederkennen, führen zu gespannter und lustvoller Erwartung des immer gleichen Ablaufs, der gleichen liebevollen Gesten, Spiele, Lieder. Rituale schaffen Orte der Geborgenheit, sie lassen das Zusammensein mit den Bezugspersonen zu Höhepunkten werden. Besonders wichtig sind Rituale in Situationen des Übergangs, besonders vom Tag in die Nacht, von der Aktivität in die Passivität. Sie gestalten diese Situationen mit intensiven Zeichen der Verlässlichkeit: auch der Wechsel vom Tag in die Nacht ist Teil der geordneten Wirklichkeit. Rituale geben der Essenssituation besonderes Gewicht, auch dem Begrüßen und Verabschieden, und sei es nur für kurze Zeit.

Rituale werden begleitet von Symbolen, v.a. vom Kuscheltier, einem bestimmten Bilderbuch, dem Lichtschein im Dunkeln, auch Lied und Musik, eine Geschichte. Rituale und Symbole entfalten sich auch in festlichen Anlässen, zeigen da besondere Reichhaltigkeit: Mit der Feier des Geburtstags und der Feste des christlichen Festkalenders, v.a. Weihnachten, tritt der Jahreskreis in den Blick. Eindrücklich sind dabei auch die damit verbundenen Botschaften: Wir freuen uns, dass du da bist, dass du zu uns gehörst, dein Leben soll ein gutes sein. An Weihnachten mit seiner Friedensbotschaft gilt das im Bezug auf das Zusammenleben im Kleinen wie im Großen (samt der damit oft übersteigerten Erwartungen und damit verbundenen Enttäuschungen). Feste strukturieren auch den Wochenverlauf mit den besonderen Höhepunkten des Wochenendes - mit ausgedehntem Frühstück, Zeit füreinander, Ausflügen etc.

Rituale und Feste geben Räumen eine besondere Atmosphäre, und sie brauchen auch den vorbereiteten Raum, der ihnen entspricht - eine bestimmte Symbolik, Schmuck, den festlichen Rahmen. Evangelisches Profil schließt ein, dass all dem besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird, weil es dem Kind hilft, seiner selbst gewiss zu werden, sich in seiner Welt gehalten und getragen zu wissen.

Unter dem Aspekt der religiösen Erziehung gewinnen alle diese Geborgenheit versichernden Elemente besonderes Gewicht. Sie sind gleichsam der Mutterboden religiöser Erziehung, aus dem dann religiöse Inhalte gleichsam herauswachsen. Rituale, Gesten und Symbole verbinden sich mit Worten, in denen nun auch das Wort Gott auftaucht und in den Kindern das Gespür weckt für das Besondere, das sich mit diesem Wort verbindet. Nicht über das Erklären begegnet Gott, sondern indem sich sein Name mit den Erlebnissen von Geborgenheit und Angenommensein verbindet. Zu gegebener Zeit beginnen die Kinder damit, genauer nach dem zu fragen, was mit diesem Wort gemeint ist. Rituale sind also keineswegs nur „Aufhänger“, Gefäße und Instrumente für das Reden von Gott. Sie lassen das Kind erleben, was es braucht, und können dann auch zum Bild und Gleichnis dafür werden, was von Gott gilt: die Beziehung, die Geborgenheit stiftet und das Kind in seiner Eigenständigkeit bestärkt.

-          Gesten wie das Über-den Kopf-Streichen sind so auch der Ursprung des Segens: Das Behütetsein gilt in einem noch weiteren Sinne: Gott möge alles schenken, was das Leben gelingen lässt.

-          In Liedern wird von Gott gesprochen bzw. in Liedgebeten direkt ausgesprochen: „Halte zu uns, guter Gott, heut den ganzen Tag….“

-          Bei den Reimgebeten freuen sich die Kinder zunächst am Sprachklang. Dann erschließt sich den Kindern nach und nach der Inhalt.

-          Zum Gute-Nacht-Ritual mit Gute-Nacht-Kuss, Geschichten u.a. gehört das Abendgebet mit der Geste des Händefaltens.

-          Zum Geburtstag mit –lied, -geschenken, -spielen kann der Geburtstagssegen kommen: „Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen…“, oder ein anderes Segenswort.

-          Zu den Figuren der biblischen Geschichten, die ihren Platz im Gruppenraum haben, kommen erste kurze Geschichten, die von diesen Personen erzählen. Dies gilt dann in besonderer Weise für die Festgeschichten, v.a. mit den Figuren der Weihnachtskrippe, die in der Zeit vor Weihnachten noch zu ihr hin unterwegs sind. Entsprechend ergeben sich mit den Festbräuchen auch erste Hinweise auf ihre Bedeutung.

Evangelisches Profil in Familienzentren bedeutet, dass solchen ersten Begegnungen mit christlicher Tradition in den Ritualen und ihrer besonderen Atmosphäre samt den sich mit ihnen verbindenden Deutungen besondere Aufmerksamkeit zukommt. 

weiter: 3. Christliche Traditionen im Zeichen der Selbstbildung

zurück