Grundsätzlich sollten keine Kinder zu religiösen Verhaltensweisen gezwungen werden. Beten kann nicht verordnet werden. Wichtig ist nun, daß das Nicht-Teilnehmen in einer Form geschehen kann, welche die Bereitschaft der anderen respektiert, sie in ihrem Verhalten nicht stört und umgekehrt das andere Verhalten als etwas Normales erscheinen läßt. Wichtig für die Erzieherin ist, die jeweils andere Einstellung mitzudenken und dem Anderssein Raum zu geben. Mit dem Einüben in Gebetshaltungen wie das Hände-Falten, das selbständige Einbringen von Gebetsgedanken ist zu klären, wie man auch dabei sein kann, ohne mitzubeten und ohne daß die als störend oder als ausgrenzend empfunden wird. Beim Erzählen biblischer Geschichten kann geklärt werden, daß auch Menschen diesen Geschichten ablehnend gegenüberstehen und jeder das Recht hat, auch kritische Rückfragen und das Nichtgefallen mitzuteilen. Daß andere solche Geschichten nicht mögen, hat auch seine Gründe. Bei Gesprächen über Gott kann gut zur Sprache kommen, daß viele Menschen an Gott, sie wie wir ihn aus den biblischen Geschichten kennen, nicht glauben können, daß hier Überzeugungen voreinander abweichen. So können Kindern auch Zerreißproben erleichtert werden, wenn sie sich zwischen der Überzeugung der Erzieherin und der ihrer Eltern hin und her geworfen fühlen. Bei Tauferinnerungsfeiern ist mitzudenken, was mit denen geschieht, die nicht getauft sind. Soll um der anderen willen auf solch eine Feier verzichtet werden, oder könnte dabei nicht auch als ein Stück Normalität erlebt werden, daß die einen getauft sind und die anderen nicht? Auch die anderen dürfen natürlich eine Kerze anzünden, auch für sie wird ein Segenswort gesprochen, wenn sie dies wünschen. Am Bewußtwerden der Unterschiede kann das Vermeiden von Diskriminierung und Benachteiligung gezielt eingeübt werden. Mit dem offenen Kindergarten können religiöse Angebote auch als Wahlangebote organisiert werden. Auch das kann manche Spannung nehmen. Deutlich sollte aber bleiben, daß die religiöse Dimension in ihrer Vielfalt zum Leben dazugehört, nicht zum Bereich des Verzichtbaren gehört.

 

Standortbezogener Umgang mit religiöser Pluralität, das ist die religionspädagogische Herausforderung der Gegenwart. Mit ihm gilt es gute Erfahrungen zu sammeln, damit aus Angst vor Konfrontation das Verdeutlichen von Positionen nicht ausgeklammert werden muß, weder der eigene Standpunkt, noch der der anderen.

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