Anlässe und Situationen 

  • Kinder fragen, woher die Bibelerzählungen stammen
  • Kinder erleben, wie im Gottesdienst aus der Bibel vorgelesen wird und möchten Genaueres über dieses Buch erfahren

Informationen

Jede Religion hat verpflichtende Traditionen, meist in schriftlicher Form in ‚Heiligen Schriften‘, die auf unmittelbare Gottesbegegnungen zurückgeführt werden und deshalb höchste Autorität genießen. Sie bringen zum Ausdruck, was für die jeweilige Religion wesentlich ist, was in ihrer Sicht für die Beziehungen zwischen den Menschen und dem Göttlichen kennzeichnend ist.

Im Christentum ist das die Bibel, eine Sammlung von Schriften aus vielen Jahrhunderten. Sie besteht aus zwei Teilen. Der erste, umfangreichere Teil ist das sog. Alte Testament. Es ist zugleich weitestgehend die Hebräische Bibel, die Heilige Schrift des Judentums. Das Alte Testament bringt für Christen zum Ausdruck, dass christlicher Glaube seine Wurzeln in den jüdischen Überlieferungen des Glaubens an den einen Gott hat. Diese Schriften sind in hebräischer Sprache verfasst.

Das Neue Testament umfasst die Überlieferungen von Jesus Christus. Der größte Teil sind die vier → Evangelien mit ihren Berichten von Jesu Wirken und die Apostelgeschichte, die von der Zeit nach der Auferstehung Jesu Christi berichtet. Dann folgen viele Briefe, in denen Gründer und Leiter der frühen Gemeinden den Glauben an Jesus Christus in die jeweilige Gemeindesituation hinein entfaltet haben. Berichte von endzeitlichen Visionen, die sog. Offenbarung desJohannes, schließen das in griechischer Sprache verfasste Neue Testament ab.

Neben den Schriften des Alten und Neuen Testaments gibt es auch weitere schriftliche Glaubensüberlieferungen aus der Spätzeit des Judentums und den ersten Jahrhunderten des Christentums mit gewichtiger theologischer Bedeutung. Leitende jüdische Theologen begrenzten die Bibel des Judentums im 2. Jh.n.Chr. auf die vorliegende Gestalt der Hebräischen Bibel. Entsprechend erfolgte im 3.Jh.n.Chr. eine Begrenzung der christlichen Grundschriften, die sog. Kanonisierung des Neuen Testaments. Viele der aus dem endgültigen Inhalt der Bibel ausgeschlossenen Schriften werden in Anhängen zum Alten und Neuen Testament, den sog. Apokryphen, weiter überliefert.

Das Wort ‚Bibel‘ stammt vom griechischen Wort ‚biblos‘ ab. Es ist der Name der ‚Papyrusstaude‘, aus denen man in biblischer Zeit Blätter in Rollenform herstellte, auf denen die biblischen Überlieferungen aufgezeichnet wurden. Byblos hieß auch die phönizische Hafenstadt, die in der Antike ein Hauptumschlagplatz für das Grundmaterial der Papyrusrollen war.

Übersetzungen der Bibel, also des Alten und Neuen Testaments, erfolgten zunächst aus dem Hebräischen und Griechischen ins Lateinische, der Sprache des römischen Weltreichs, von ihm aus auch ins Deutsche. Im ausgehenden Mittelalter entstanden Übersetzungen ins Deutsche unmittelbar aus den hebräischen und griechischen Urtexten. Wegweisend wurde hier die Übersetzung Martin Luthers Anfang des 16. Jh. Mit späteren Veränderungen der Sprachgewohnheiten erfolgten immer wieder neue sog. revidierte Fassungen der Lutherbibel, aber auch freiere Übersetzungen, so dass heute eine breite Palette an Bibelübersetzungen vorliegt, von der ökumenischen Einheitsbibel über die ‚Bibel in gerechter Sprache‘ bis zur ‚Guten Nachricht‘.

Ein genaues Ordnungssystem der biblischen Texte hilft zum raschen Auffinden jedes einzelnen Satzes. Zuerst wird die Einzelschrift genannt (z.B. beim Evangelium des Matthäus ‚Matth‘, oder beim Brief des Apostels Paulus an die Römer ‚Römer‘ – zum Auffinden hilft das Inhaltsverzeichnis), dann folgt die Unterteilung in Kapitel und schließlich deren Aufteilung in einzelne Verse (z.B. Matth.4,12).

 

Ergänzendes

In den Anfängen der Geschichte Israels wurden Erfahrungen mit Gott und die sich darum rankenden Lebensgeschichten von Generation zu Generation mündlich weiter überliefert. Mit der Staatengründung um 1000 v.Chr. gewannen schriftliche Aufzeichnungen immer mehr an Bedeutung. Entsprechendes geschah mit den Worten Jesu und dem, was seine Begleiter mit ihm erlebten. Über die ersten Jahrzehnte hinweg wurde all das möglichst genau weiter getragen, bis es dann zu Niederschriften kam. Auf Schriftrollen wurde aufgezeichnet und durch häufiges Abschreiben weiter verbreitet. Im Mittelalter geschah dies in den Schreibstuben der Klöster, nun in der lateinischen Sprache. Der besondere Wert der Glaubensüberlieferung wurde dabei in sorgsamer, aufwendiger und eindrucksvoller Gestaltung zum Ausdruck gebracht. Besonders die Initialen, die Anfangsbuchstaben je neuer Kapitel wurden kunstvoll gestaltet, mit wertvollen Farben und mit Gold ausgeführt. Die aufwändig erstellten Pergamentblätter band man zu großen und schweren Büchern zusammen.

Mit der Erfindung des Buchdrucks zu Beginn des 16. Jh. ergaben sich ganz neue Möglichkeiten der Bibelverbreitung. Heute sind uns Bibelbücher in unterschiedlichen Druckerzeugnissen zugänglich: von schlicht gestalteten Taschenbüchern bis zu teuren Ausgaben mit Ledereinband und Goldschnitt, von reinen Textausgaben zu reich bebilderten, von „Hosentaschenbibeln“ im Miniformat bis zu denen in Großdruck, von möglichst genauen Übersetzungen zu freieren mit dem Wortschatz unserer Zeit, von Bibeln für ganz kleine Kinder bis zu denen für Größere, Jugendliche und Erwachsene.

Von den Inhalten sind wohl die großen Erzähltraditionen von den Anfängen der Welt im Alten Testament bis zu den Reisen des Apostel Paulus im Neuen am bekanntesten. In den Psalmen des Alten Testaments ist uns das Gebetbuch Israels mit Gebeten und Liedern (allerdings ohne Noten) mit starker sprachlicher Aussagekraft überliefert. Auch eine Sammlung von Sprichwörtern und anderen klugen Sprüchen bis hin zu Liebesliedern finden wir (Weisheit und Hohes Lied Salomons). Von den ausführlichen Gesetzessammlungen des Alten Testaments interessieren uns heute vor allem die Zehn Gebote. Im Neuen Testament finden wir neben den Evangelien eine umfangreiche Sammlung von Briefen der Apostel an Gemeinden bzw. einzelne Personen zu Fragen des christlichen Glaubens und der damit verbundenen Lebenspraxis.

Alle uns heute vorliegenden biblischen Schriften haben eine Entstehungsgeschichte mit mancherlei Veränderungen hinter sich. Gemeint sind dabei weniger solche, die durch Gedächtnisschwächen, Hör- und Schreibfehler entstanden, denn die sind, wie uns die Funde früher Aufzeichnungen zeigen, erstaunlich geringfügig. Bedeutsam sind bewusste Ergänzungen und theologische Interpretationen, die in die Texte eingefügt wurden, also Auslegungen auf die jeweilige Zeit hin, mit denen dann diese Texte auch umfangreicher wurden. Seit Jahrhunderten arbeiten Bibelwissenschaftler daran, in den uns heute vorliegenden Texten die unterschiedlichen Schreibphasen mit ihren jeweils besonderen Intentionen zu unterscheiden und zu rekonstruieren.

Die Abfolge der Schriften des Alten Testaments ist nicht nach ihrer Entstehungszeit geordnet, sondern nach der Zeit, von der die berichten. Die ältesten Überlieferungen sind die Familiengeschichten um Abraham mit Sara und den weiteren Nomadenfamilien, die bis ungefähr 2000 v.Chr. zurückreichen (1. Mose 12ff.). In diesen Zeitraum gehören auch die Mosegeschichten (2. Mose), die von der Befreiung aus Ägypten und dem Zug durch die Wüste bis zum Einzug ins verheißene Land erzählen.

Über Jahrhunderte dehnt sich der Prozess von der Nomadenexistenz zur Sesshaftwerdung hin, der um etwa 1000 v.Chr. mit den ersten Königen Saul, David und Salomo zum Ziel kommt. Jetzt gewinnt die schriftliche Überlieferung an Bedeutung; am königlichen Hof werden Annalen über politische Ereignisse geführt, Fragen nach den Anfängen der Welt werden mit der Geschichte vom Paradiesgarten und den weiteren Ereignissen bis zum Turmbau (1. Mose 2-11) beantwortet.

Die nächsten Jahrhunderte werden auch vom Wirken der frühen Propheten (Samuel- und Königsbücher) begleitet, die in kritischer Distanz zu den Königen und ihren Machtgelüsten stehen. Im 7. Jh. v.Chr. bahnen sich die Katastrophen an, die mit der Vernichtung des jüdischen Staates durch die Babylonier enden. Trotz der späteren Rückkehr in die Heimat prägt die Erfahrung der Zerstreuung und des Lebens in der Fremde die späten Schriften des Alten Testaments (Daniel, Esther u.a.). Auch in den Bearbeitungen früherer Schriften wird mit weiterführenden Auslegungen das Leben in der Fremde akzentuiert: mit der Suche nach den Haftpunkten einer jüdischen Identität, nach Gottvertrauen auch angesichts der zurückliegenden Katastrophen, nach neuen Hoffnungen.

Einen langen Entstehungsprozess hat auch das Buch der Psalmen bis zu dem Endzustand, den wir kennen. Nach Abschluss der alttestamentlichen Schriftensammlung blieben manche nicht aufgenommenen Texte so bedeutsam, dass sie gewissermaßen in einen „Ergänzungsband“, den sog. „Apokryphen“ erhalten blieben. Zu ihnen gehört etwa die Geschichte des Tobias und seiner vom Engel Raffael begleiteten Reise in die Fremde.

Wesentlich kürzer ist der Zeitraum, in dem die neutestamentlichen Schriften entstanden. Jesusworte und –überlieferungen wurden in den ersten Jahrzehnten nach Jesu Tod mündlich weiter getragen. Um 50 n.Chr. setzt – v.a. mit den Aktivitäten des Apostels Paulus – die Briefliteratur ein, die sich über Jahrzehnte hinzieht. Nachdem inzwischen verschiedene Jesusüberlieferungen in unterschiedlichen Sammlungen schriftlich gefasst worden waren, wurden sie von den uns bekannten Evangelisten aufgenommen und zu den Evangelien geformt. Um 70 n.Chr. erscheint das Markusevangelium.

Etwa zwei Jahrzehnte später legen Matthäus und Lukas zwei unterschiedlich akzentuierte Überarbeitungen und Erweiterungen vor. Beide nehmen dazu eine umfängliche Quellensammlung auf, die Markus noch nicht kannte. Eigene Wege geht der letzte der vier Evangelisten, Johannes, um 100 n.Chr., dem auch das letzte Buch des Neuen Testaments, die sog, Offenbarung zugeschrieben wird. Dieses Buch führt uns schon mitten in die Zeit der frühen Christenverfolgungen hinein.

Auch zum Neuen Testament gibt es etliche Schriften, die nicht mehr in die Bibelsammlung aufgenommen wurden, v.a. auch deshalb, weil mit zunehmendem Abstand von der Zeit Jesu und der Apostel auch deren legendenhafte Übermalungen zunahmen. Aus dem sog. Thomasevangelium wird z.B. erzählt, wie der kleine Jesus im Spiel mit anderen Kindern gemeinsam geformte Tontauben lebendig machte – diese Episode findet sich auch im Koran wieder.

Worte der Bibel werden oft auch als ‚Wort Gottes‘ bezeichnet. Dahinter steht die Überzeugung, dass in diesen Worten in gültiger Weise zum Ausdruck kommt, was die Beziehung zu Gott bestimmt. Diesen Worten kommt eine Autorität zu, die über andere Aussagen zum christlichen Glauben hinausgeht.
Worte der Bibel sind zugleich auch Menschenworte, von Menschen aufgeschrieben und überliefert, in bestimmten Situationen, Herausforderungen und Fragestellungen entstanden. Als Menschenwort werden sie auch daraufhin untersucht, was an die damalige Zeit gebunden bleibt und was über sie hinausweist. Als Menschenwort verlangen sie nach Auslegung entlang der Fragen, wie das damals Geschriebene auch für heutige Menschen gültig und wegweisend sein kann. Einseitige Orientierung am ‚Gotteswort‘ macht es oft schwer, die Aussagekraft des christlichen Glaubens für heutige Menschen aufzuzeigen. Einseitiger Orientierung am ‚Menschenwort‘ droht ein Abgleiten in die Beliebigkeit subjektiver Meinungen. Dazwischen tut sich das Feld des sorgsamen Hörens auf die alten Worte und des Weiterdenkens in unsere Gegenwart hinein auf, des Überprüfens eigener Gedanken an den Aussagen der Bibel, des Suchens nach Leitlinien, die den Glauben der biblischen Autoren mit uns heute verbinden, das Suchen nach Grundbotschaften des Glaubens, die sich damals wie heute mit Leben füllen.

Beschäftigung mit der „Urkunde“ des Glaubens der Christenheit, den Entdeckungen in dieser vielfältigen Welt der Bibel regt auch zu einem Ausblick in entsprechende Traditionen anderer Religionen an. Am naheliegendsten sind die des Judentums, mit denen Christen die Hebräische Bibel, das Alte Testament, gemeinsam haben. Aber auch die Heilige Schrift des Islam, der Koran weist reichliche Bezüge zum Alten und Neuen Testament auf – nie in der wörtlichen Übernahme von Formulierungen, sondern als Auslegungen im Sinne der leitenden Tendenzen des Islam.
 

Praxisanregungen

Zurück zu Theologisch-religionspädagogische Stichworte