2. Zusammenwirken theologischer und pädagogischer Sichtweisen

 

Vielfältige Entsprechungen

Ein Ergebnis der vorangegangenen Überlegungen ist, dass im evangelischen Profil christliche Glaubenstraditionen und modernes Bildungsverständnis, biblische Fundierung und pädagogi-sche Perspektiven gut zusammenpassen. Glaube und Bildung stehen nicht nebeneinander, sondern greifen ineinander. Religion ist nicht die Sonderveranstaltung in der Kindertagesstätte neben dem Alltagsgeschehen, zu dem dann evtl. noch der theologische Experte benötigt wird, sondern Glaube durchdringt das alltägliche Erziehungs- und Bildungsgeschehen. Mitten in ihm bietet Glaube angemessene Deutungen an. Er hilft den Jungen und Mädchen, ihre alltäg-lichen Erlebnisse einzuordnen und zu verstehen. Glaube und Bildung sind gleichsam wie eine gut gelungene Legierung.

Glaube profiliert: Quellen und Maßstäbe

Aber was unterscheidet diese ‚Legierung’ von bloßer Verdoppelung? Sagen dann etwa die Glaubensgeschichten im Grunde dasselbe wie ermutigende Kindergeschichten, eben nur mit „religiöser Garnierung“? Glaube geht ins Bildungsgeschehen ein, aber nicht in ihnen auf. Er ist wie das Salz und nicht nur ein interessanter Farbstoffzusatz, mit dem eigentlich nichts Neues dazu kommt.
Im Religiösen geht es um die Quellen, aus denen wir schöpfen. In ihnen wurzelt Deutungs-kraft. Sie machen uns im Alltagsgeschehen immer wieder auf Ursprünge aufmerksam. Diese Quellen brauchen ihre Fassung, an denen man sich orientieren, an denen man Maß nehmen kann. Es geht also immer wieder um Bewegungen hin zu den Quellen und mit dem Wasser wieder zurück in das zu bewässernde pädagogische Gelände.

Die vor Jahren verfasste Bildungsdenkschrift der EKD hat den Titel „Maße des Menschli-chen“. In der Sicht des christlichen Glaubens, in der es um unser Woher und Wohin geht, bekommen bestimmte Bildungsbereich eine gewichtige Orientierung. In diesem Sinne war bei ‚Hoffnung Leben’ auch in der präzisierenden Überarbeitung wichtig:

  • Bei den zu fördernden Kompetenzen gilt es menschliche Grenzen nicht zu übersehen. Sie gilt es anzunehmen, weil sie mit den Zusagen von Vertrauen und Hoffnung annehmbar werden.
  • Zur Forschertätigkeit der Kinder gehört auch der Umgang mit den Geheimnissen unse-res Lebens und der Welt.
  • Wenn es um zu fördernde Kompetenzen geht, ist zugleich dem Wahn pädagogischer Machbarkeit und berechenbaren pädagogischen Erfolgen entgegenzutreten.
  • Evangelisches Profil folgt nicht nur den Bildungstheorien samt ihren praktischen Konsequen-zen, sondern verweist auf das uns von Gott Geschenkte in seiner Unverfügbarkeit.

Vom Eigenrecht der wissenschaftlichen Bildungstheorien

Umgekehrt behalten Bildungstheorien auch ihr Eigenrecht. Evangelisches Profil vereinnahmt sie nicht, sondern findet in ihnen wichtige Partner und Gewährsleute für gemeinsame Interessen. Die pädagogischen Theorien sprechen nicht vom Glauben, sondern gründen humanwissenschaftlich. Sie sind keine Beweisführung für die Notwendigkeit religionspädagogischer Aktivitäten. Aber sie bieten reichlich Anknüpfungspunkte dafür, wie religionspädagogische Theorie und Praxis auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen, sie aufnehmen und ihnen entsprechen kann.

 

Weiter zum 3. Teil: Entdeckungswege mit geschärftem evangelischem Profil

Zurück zu Beiträge