Der Weg zur Erfahrungswelt der Kinder ist dann nicht mehr weit. Haben wir die Geschichte erst einmal für uns selbst mit Leben gefüllt, ist es nicht schwer, auch die Kinder mit hinein zu nehmen. Vieles von dem, was uns berührte, wird auch sie ansprechen. Viele der Erfahrungen, die in uns lebendig wurden, haben sie auch schon gemacht. Viele der Ängste, Befürchtungen, der Hoffnungen und Erfüllungen, die vor unserem inneren Auge lebendig wurden, sind auch ihnen nicht fremd. Das Gespür für das, was auch den Kinder in den Texten der Bibel begegnen könnte, wird jetzt zu einem wichtigen Handwerkszeug für das Erzählen. Damit weiten wir unsere eigene Begegnung mit den biblischen Gestalten auf die Erfahrungswelt der Kinder, auf ihr Einfühlungsvermögen hin aus. Jetzt gehört der sichere Blick für das, was heutige Kinder beschäftigt und umtreibt, was ihre Fragen bestimmt, was ihnen Angst macht und Mut machen könnte, zur Vorbereitung des biblischen Erzählens unbedingt dazu.

Unter dem Stichwort des "situativen Ansatzes" wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten immer wieder darauf hingewiesen, wie auch religiöse Erziehung bei dem ansetzen kann, was Kinder beschäftigt und worauf sie ansprechbar sind.

Kinder können gewiss das Bedürfnis nachempfinden, nach einem turbulenten Tag wieder unter sich zu sein, gewissermaßen im vertrauten Familienkreis - sie erleben die Freude mit, Jesus wieder für sich allein zu haben....

Kinder können gewiss das Beengende beschränkter Bewegungsmöglichkeiten der verkrümmten Frau mitempfinden. Sie spüren, wie hart es ist, sich nicht so normal verhalten zu können wie die anderen, sondern von den anderen schief angesehen und gemieden zu werden.

In unserer eigenen Begegnung mit der biblischen Geschichte haben wir sie uns gewissermaßen selbst erzählt, haben wir sie zu unserer Geschichte gemacht. Nun nehmen wir die Kinder in unsere Überlegungen mit hinein. Wir stellen uns vor, wie die Geschichte auf sie wirken mag. Wir bedenken Elemente der Geschichte, zu denen sie wohl gut Zugang finden werden und zeichnen sie noch einmal mit den Augen und Empfindungen der Kinder nach. Wir formen unsere Bilder in Worte, mit deren Hilfe auch die Kinder Bilder entstehen lassen können. Wir bringen Empfindungen in eine Sprache, in der auch sie ihre eigenen Empfindungen wecken können. Wir formen einen Gang der Handlung nach, den auch sie anschaulich mitgehen können.

Nachdem wir aus den alten Worten der Bibel unsere eigene Geschichte geformt haben, sind wir schon ganz nah beim lebendigen Erzählen alltäglicher Geschichten. Jetzt können wir auch hier die Spannung lebendig werden lassen, in der die Person, von der wir erzählen, stand. Jetzt können wir den Weg ausschreiten, den sie ging. (Zur Erzählmethodik siehe auch Abschnitt 4).

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