Das Lukasevangelium: Lukas der Erzähler, Sozialkritiker und Theologe mit weiter geschichtlicher Perspektive

Als einziges der vier Evangelien des Neuen Testaments ist das Lukasevangelium einem Leser gewidmet. Das lässt vermuten, dass der benannte Theophilus das Evangelium, genauer gesagt, das Doppelwerk von Lukasevangelium und Apostelgeschichte, aufmerksam gelesen hat und danach bei passender Gelegenheit mit Lukas ein angeregtes Gespräch darüber geführt hat. Hätte es vielleicht diesen Verlauf genommen?

 

1. Teil: Lukas begründet seine eigene Fassung der Botschaft von Jesus Christus

Theophilus: Lieber Lukas, ich habe dein Evangelium mit großem Interesse gelesen. Besonders geehrt fühle ich mich natürlich über die persönliche Widmung. So etwas kann man ja nur in deinem Evangelium lesen (1,1-4).
Lukas: Na ja, bei einer Schrift, die auch an gebildete Griechen gerichtet ist, sollte so eine Widmung ja zum guten Ton gehören.
Theophilus: Aber ein bisschen seltsam vorsichtig drückst du dich da ja schon aus. Markus und Matthäus formulieren sehr klar eine Zielangabe. Bei einem Vorwort wie deinem würde man zunächst erwarten, dass du begründest, warum ein neues Evangelium notwendig ist. Aber du schreibst nur von einer geordneten Reihenfolge. Meinst du vielleicht, ich sollte selber draufkommen, was dir besonders wichtig ist und warum du es für nötig befunden hast, noch ein weiteres Evangelium zu verfassen?
Lukas: Da liegst du durchaus richtig! Und darum bin ich auch sehr gespannt auf das Gespräch mit dir über deine Entdeckungen im Lukasevangelium.
Theophilus: Und ich nutze die Gelegenheit gerne, mich zu vergewissern, ob ich auf der richtigen Spur bin.

 

Reflexion: Der Anfang des Evangeliums im Vergleich
Markus: Dies ist der Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.
Matthäus: Dies ist das Buch von der Geschichte Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.
Lukas: Viele haben es schon unternommen, Bericht zu geben von den Geschichten, die unter uns geschehen sind, wie uns das überliefert haben, die es von Anfang an selbst gesehen haben und Diener des Worts gewesen sind. So habe auch ich's für gut gehalten, nachdem ich alles von Anfang an sorgfältig erkundet habe, es für dich, hochgeehrter Theophilus, in guter Ordnung aufzuschreiben, damit du den sicheren Grund der Lehre erfährst, in der du unterrichtet bist.

 

Theophilus: Also, ich fange gleich mit meinen ersten Beobachtungen und Fragen an: Wo hast du nur diese schönen Geschichten alle her, die man nur bei dir lesen kann? Es würde mich ja nicht wundern, wenn diese Geschichten später einmal zu den beliebtesten Bibelgeschichten überhaupt gehören. Sei es die Hirtenszene in der Geburtsgeschichte, in der sich griechische Leser sicher gerne wiederfinden, oder auch die Emmausgeschichte mit dem dezenten Anklang an die Legenden von der unerkannt mitwandernden und sich später offenbarenden Gottheit. Und natürlich auch die vielen anderen typischen Lukasgeschichten.

 

Reflexion: Ein Streifzug durch das lukanische Sondergut, d.h. die Texte, die wir nur bei Lukas finden
Lk 1: Ankündigung der Geburt Johannes des Täufers; Ankündigung der Geburt Jesu, Marias Besuch bei Elisabeth; Marias Lobgesang; Geburt Johannes des Täufers: Lobgesang des Zacharias
Lk 2: Geburt Jesu, Beschneidung Jesu, Darstellung im Tempel, Simeon und Hanna, Zwölfjähriger Jesus im Tempel
Lk 10: Gleichnis vom barmherzigen Samariter; Maria und Marta

Lk 11: Gleichnis vom bittenden Freund
Lk 12: Gleichnis vom reichen Kornbauern
Lk 13: Heilung der verkrümmten Frau am Sabbat
Lk 14: Von Rangordnung und Auswahl der Gäste
Lk 15: Gleichnis vom verlorenen Sohn
Lk 16: Vom reichen Mann und armen Lazarus
Lk 18: Von der bittenden Witwe; Vom Pharisäer und Zöllner
Lk 19: Zachäus
Lk 24: Gang nach Emmaus

 

2.Teil: Lukas setzt besondere Akzente - Jesu Botschaft für Menschen am Rande der Gesellschaft

Lukas: Es freut mich, wenn dir meine eigenen Jesus-Geschichten gut gefallen haben. Mir ist es eben wichtig, unseren Lesern die Botschaft von Jesus so anschaulich und lebendig wie nur möglich vor Augen zu stellen.
Theophilus: Kein Wunder, dass manche von dir schon als „Lukas, der Maler“ sprechen.
Lukas: Na ja, das scheint mir doch etwas übertrieben zu sein. In all der Anschaulichkeit geht es mir ja nicht bloß um schöne Bilder und Geschichten, sondern um die Botschaft Jesu. Und bei der sollte man ja in aller erzählerischen Lebendigkeit die Schärfen und Spitzen nicht übersehen. Sind sie dir beim Lesen aufgefallen?
Theophilus: Ich kann dich beruhigen. Sie waren für mich nicht zu übersehen. Wie du Jesus als denjenigen nachzeichnest, der mit so viel Sensibilität auf die Menschen am Rande der Gesellschaft zugeht, auf die Außenseiter, auf die Verlorenen, auf die Kranken. Eindrücklich ist ja auch, wie er den Frauen die ihnen gebührende Beachtung schenkt. Mit all dem hält er uns allen einen Spiegel vor.

Bibeltexte: Jesus und die Frauen
Lk 1: Marias Besuch bei Elisabeth, Marias Lobgesang
Lk 10: Maria und Marta
Lk 13: Heilung der verkrümmten Frau
Lk 18: Von der bittenden Witwe:
Es war ein Richter in einer Stadt, der fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. 3 Es war aber eine Witwe in derselben Stadt, die kam zu ihm und sprach: Schaffe mir Recht gegen meinen Widersacher! 4 Und er wollte lange nicht. Danach aber dachte er bei sich selbst: Wenn ich mich schon vor Gott nicht fürchte noch vor keinem Menschen scheue,5 will ich doch dieser Witwe, weil sie mir so viel Mühe macht, Recht schaffen, damit sie nicht zuletzt komme und mir ins Gesicht schlage.

 

Lukas: Gut, wenn das beim Lesen rübergekommen ist. Jesus – der Heiland: das ist für mich nicht nur ein schöner Name, sondern das ist ein Programm. Und zwar das Programm für eine Gemeinde, die in diesem Geist Jesu lebt und wirkt.
Darum habe ich z.B. auch bei den Worten Jesu, die uns in der Redenquelle überliefert sind, nicht wie Mt geschrieben: „Selig sind die geistlich Armen“, sondern ganz unmittelbar: „Selig sind die Armen“. Gemeinde ist nur dann Gemeinde Jesu Christi, wenn sie wie Jesus für die Schwachen eintritt, sich um deren Heilung und Heil sorgt.
Theophilus: Programmatisch und einprägsam hast du das ja in der Geburtsgeschichte in der Szene der Hirten vorgestellt: „Euch ist heute der Heiland geboren!“ War dir eigentlich bewusst, welche politische Provokation da drin steckt?
Lukas: Natürlich! Und die musste sein. Die war durchaus beabsichtigt. Da lässt sich der Kaiser in Rom, der mächtige Herrscher des römischen Weltreichs als Heiland der Welt feiern, mit Pomp und Pracht, umgeben von seinen Günstlingen, die es sich unter seinem Wohlgefallen gut gehen lassen. Da haben wir doch einiges richtig zu stellen: Hier in der römischen Provinz in Kleinasien, da ist doch nichts zu spüren von diesem römischen Heiland. Da herrscht das römische Militär. Da kommen unter ihrem Schutz die römischen Steuereintreiber mit ihren Steuerlisten und pressen das Land aus, damit die Reichen, die unter der Gunst des Kaisers leben, mit ihm zusammen im Reichtum schwelgen können.
Nein, gegen diesen römischen Heiland haben wir einen anderen entgegen zu setzen.

Reflexion: Die Provokation des Lukas im Lobgesang der Maria (Lk 1)
Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn.
Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.
Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen.
Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

 

3.Teil: Lukas schreibt sein Evangelium in weltpolitischer Perspektive  

Theophilus: Lukas, du ereiferst dich ja richtig! Und ich beginne zu verstehen, dass du mit deinem Evangelium noch eine andere Perspektive einnimmst, als es Markus und Matthäus getan haben.
Lukas: Du weißt, wie eng ich dem Verlauf des Markusevangeliums gefolgt bin und auch der Redenquelle, die ich sehr genau wie auch Matthäus eingearbeitet habe. Und ich schätze auch besonders das Matthäusevangelium sehr. Aber die Probleme der Gemeinden im jüdischen Umfeld sind doch andere als unsere hier. Mir geht es um die Sicht unseres Christusglaubens und der Gemeinden Jesu Christi im weltpolitischen Zusammenhang. Dass unsere Brüder und Schwestern in Rom sich weigern, sich an der Verehrung des Kaisers als Gott mit Räucherstäbchen und ähnlichem Zeug zu beteiligen, das ist ja nur die Außenseite. Die Innenseite ist unser Anspruch, das wahre Weltreich des Friedens und der Gerechtigkeit Gottes zu sein, in dem eben die Menschen am Rande der Gesellschaft zu ihrem Recht kommen – auch wenn dieses Reich Gottes erst im Anbrechen ist.
Theophilus: Die Engelsbotschaft an die Hirten – das ist dann in deinem Sinn Ansage des Reiches Gottes? „Christus der Herr in der Stadt Davids – Friede auf Erden allen Menschen!“
Lukas: Genau so. So wie mit Jesus das Reich Gottes angebrochen ist. Und so wie nach seiner Auferstehung die Ausbreitung dieses Reiches in aller Welt begonnen hat.

Reflexion: Gegenwart Christi jetzt und am Ende der Zeit - Gegenüber der Erwartung der nahen Wiederkehr Christi am Ende der Zeit betont Lukas stärker die Gegenwart des Auferstandenen in seiner Gemeinde.
Beispiel: Verhör Jesu vor seiner Verurteilung im Vergleich von Markus und Lukas
Mk 14,62: Ihr werdet den Menschensohn zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen.
Lk 22,69: Von nun an wird der Menschensohn zur Rechten der Kraft Gottes sitzen.
Lukas hat auch sonst Aussagen über das Eintreten der Vollendung des Reiches Gottes und der Wiederkunft Christi noch zu Lebzeiten seiner Generation vermieden.

Theophilus: Mit deiner weltpolitischen Sicht unterscheidest du dich ja wirklich von den anderen beiden Evangelisten. Und die hören ja auch bei der Auferstehung Jesu Christi auf. Aber du erzählst weiter, wie die unsichtbare Gegenwart des Auferstandenen, wie Gottes Geist die Apostel und vor allem Paulus nach Kleinasien und nach Griechenland geschickt hat. Mit der Geschichte des Paulus spannst du ja den Bogen bis hin nach Rom. Man hat wirklich den Eindruck, dass du mit dem Reich Gottes eine Weltgeschichte des christlichen Glaubens im Blick hast, die bis an die Enden der Erde reichen soll.
Lukas: Unser Glaube ist wahrlich nichts Provinzielles. Jerusalem ist nicht der hinterste Winkel der Welt (Apg 26,26), sondern das eigentliche Zentrum. Unser Glaube ist gewissermaßen das Gegenmodell zum römischen Imperium. Es ist das ganz andere Herrschaftsmodell, das Jesus uns als der Dienende vorgelebt hat. Es ist das Modell unserer Gemeinden, die vom geschwisterlichen Miteinander geprägt sind, in denen es keine Hierarchien von oben und unten gibt, sondern wo Gottes Geist die Menschen leitet.

Reflexion: Wie Lukas die Gemeinden versteht
Apg 2,42; Nachwahl des Apostels; wichtige Entscheidungen werden zusammen mit den Gliedern der Gemeinde getroffen, Konflikte werden gemeinschaftlich zu lösen versucht.

 

4.Teil: Gottes Geist bestimmt die neue Zeit - Gottes Heilsplan für die Welt

Theophilus: Das ist mir bei dir von Anfang an aufgefallen, wie viel und wie eindringlich du immer wieder von Gottes Geist sprichst. Mehr als die anderen. Was steckt da dahinter?
Lukas: Das ist es doch, was unseren Umgang mit dem Glauben bestimmt. Und das hat ja auch mit Jesu Auferstehung erst so richtig begonnen. Diese Geschichte vom Wirken des Heiligen Geistes, die ist mir so wichtig, dass ich deshalb unbedingt ein Fortsetzungsbuch zum Evangelium schreiben musste.
Theophilus: Mit der Pfingstgeschichte hast du da ja auch einen fulminanten Akzent gesetzt.
Lukas: Aber dir ist doch bestimmt auch aufgefallen, dass Gottes Geist von Jesu Beginn an wirksam war. Sei es bei Jesu Taufe, bei der er von diesem Geist Gottes erfüllt wurde, dieser Geist auf ihn herniederfuhr, sei es in seinem vollmächtigen Reden und Wirken. Da habe ich eigentlich nur viel deutlicher akzentuiert, was meine Vorgänger auch beschrieben haben – und damit schon den Bogen zum nachösterlichen Wirken dieses Geistes geschlagen.

 

Reflexion: Beispiele für das Reden von Gottes Geist bei Lukas
Lk 1,34: Der Hl. Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Kind heilig genannt werden und Gottes Sohn.
Lk 3,22: Und der Heilige Geist fuhr hernieder auf ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube.
Lk 4,16-22 Und er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, und ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und stand auf und wollte lesen. Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht (Jesaja 61,1-2): »Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren.
Lk 10,21: Zu der Stunde freute sich Jesus im Heiligen Geist und sprach: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart.

 

Theophilus: Und du hast auch beschrieben, wie durch Gottes Geist die Jungfrau Maria zur Mutter des Heilands wurde. Aber meinst du nicht, dass unsere griechischen Leser das im Sinne der Göttersagen verstehen, in denen die Götter sich mit menschlichen Frauen verbinden und daraus Halbgötter entstehen?
Lukas: Also, wenn das dabei herauskommt, fühle ich mich sehr missverstanden. Mir ist wichtig, dass alles, was unseren Jesus betrifft, von allem Anfang an das Wirken von Gottes Geist ist. Das hat doch überhaupt nichts mit einem Halbgott zu tun! Wohl aber gilt das für das innige Verhältnis Jesu zu Gott als dem Vater, so wie es auch Matthäus deutlich gemacht hat und wie es schon seit je her für die von Gottes Geist berufenen und geleiteten Propheten Israels galt. So haben ja z.B. auch die Emmausjünger aus meiner Sicht Jesu Wirken als das eines Propheten beschrieben. Durch Gottes Geist war Jesus so eng mit Gott verbunden, dass auch seine letzten Worte am Kreuz dies zum Ausdruck brachten: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist!“ Darin war er Gottes Sohn.
Theophilus: Das bedeutet also, dass deine Weltgeschichte des christlichen Glaubens eine Weltgeschichte des Heiligen Geistes ist.
Lukas: Genau. Sie beginnt bei Adam, führt über die Propheten und deren Verheißungen zu Jesus als dem Erfüller und weiter zum Wirken der Apostel, und überall dahin, wo Gottes Geist am Wirken ist, wo Menschen von ihm bewegt und begeistert werden.
Theophilus: Das ist in der Tat ein großartiger Entwurf! Nicht nur ist Jerusalem der Kernpunkt des sich ausbreitenden Reiches Gottes, sondern Jesus ist die Mitte der Zeit, an der Wende von der Zeit der Verheißungen zur Zeit der Erfüllung. Was Matthäus in seiner Auseinandersetzung mit den jüdischen Gemeinden in seinen Erfüllungszitaten durchbuchstabiert hat, das hast du als einen weltgeschichtlichen Plan Gottes entfaltet. Das muss doch wirklich jeden ansprechen, der einen Sinn für geschichtliche Zusammenhänge hat.
Lukas: Mit der Geschichte geht es mir auch um poetische Ausdruckskraft. Nicht ohne Grund stehen an der entscheidenden Wende zum Neuen die Lieder der Maria, des Zacharias, des Simeon, die alle ihr Gespür für diese Wende der Zeit zum Ausdruck bringen.

 

Reflexion: Beispiele aus den Liedern des Zacharias und des Simeon
Lk 1: Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk
und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David – wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –,
dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben,
Lk 2: Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen, den du bereitet hast vor allen Völkern, ein Licht, zu erleuchten die Heiden und zum Preis deines Volkes Israel.

 

Theophilus: Wenn ich dich recht verstehe, spiegelt sich in deiner Weltgeschichte des christlichen Glaubens Gottes Heilsplan mit dieser Welt. Jesu Wirken ist der entscheidende Angelpunkt. Welche Rolle spielt aber dann bei dir in diesem Plan Jesu Leiden und Sterben?
Lukas: Ich wehre mich dagegen, wenn man Jesu Heilswirken nur auf den letzten Punkt seines Todes konzentriert. Was ich in meinem Evangelium beschrieben habe, das ist der ganze Weg Jesu als Heilsweg für uns alle. Das ist die Linie, die sich mit Jesu vorbehaltloser Zuwendung zu den Menschen am Rande der Gesellschaft bis zu den Widerständen der jüdischen Obrigkeit hin spannt. Jesus ist den Verlorenen und Sündern nachgegangen und hat die Folgen dieses Tuns auf sich genommen. „Vergebung der Sünden“ – das muss ich nicht mit einer ausgefeilten Opfertheologie an seinem Tod festmachen, sondern das zeigt sich in Jesu ganzem Lebensweg, nämlich wie er – und so oft zum Ärgernis der Rechtschaffenen – die Annahme der Verlorenen praktiziert hat. Das ist die Botschaft meiner Geschichten von Zachäus, im Gleichnis vom verlorenen Sohn und verlorenen Schaf. Jesu Tod war gewissermaßen sein Prophetenschicksal. Vielleicht wollte es Gott so, damit sich durch die Jünger und Apostel das Evangelium so entfalten kann, wie wir es staunend wahrnehmen?

 

Reflexion: Rettung und Heil im Zusammenhang von Gottes Heilsplan - Emmausgeschichte (Lk 24)
Er sprach aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. Und der eine, mit Namen Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der Einzige unter den Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort geschehen ist? Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; wie ihn unsre Hohenpriester und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben. Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. Und über das alles ist heute der dritte Tag, dass dies geschehen ist. Auch haben uns erschreckt einige Frauen aus unserer Mitte, die sind früh bei dem Grab gewesen, haben seinen Leib nicht gefunden, kommen und sagen, sie haben eine Erscheinung von Engeln gesehen, die sagen, er lebe. Und einige von uns gingen hin zum Grab und fanden's so, wie die Frauen sagten; aber ihn sahen sie nicht. Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! Musste nicht Christus dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? Und er fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war.

 

Theophilus: Wenn ich es recht verstehe, sind so die Geschichten von Jesus und die Geschichten von den Aposteln wie zwei Hälften der einen Sache: sie sind verbunden durch das Wirken von Gottes Geist, durch den Weg, den Jesus und die Apostel auf ihre je eigene Weise gegangen sind, durch Gottes Heilsplan, der hinter allem steckt.
Lukas: Und sie sind verbunden durch den Auftrag, das in Jesu Wirken für uns als Gemeinde steckt: von Gott zu reden, wie es Jesus etwa im Gleichnis vom barmherzigen Vater getan hat, und zugleich so zu handeln, wie es diesem Gleichnis entspricht. Ich glaube, damit haben wir genug zu tun.

 

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