1. Mose 3: Das Ende des Paradiesgartens – Leben heißt mit Grenzen leben

Die biblische Erzählung vom Die biblische Erzählung vom anfänglichen Schöpfungsgarten (1.Mose 2-3) endet mit der Vertreibung der ersten Menschen aus dem Paradies. Es handelt sich bei dieser Geschichte nicht um ein historisches Ereignis – wer hätte es denn auch dokumentieren können. Ihre Wahrheit liegt viel mehr in tiefgründigen Einsichten in das menschliche Leben. Es ist das Bedenken der notwendigen Grenzen, die wir Menschen anzu-erkennen und zu respektieren haben, damit das Zusammenleben in der Welt gelingen kann.

Diese Grenzen werden im biblischen Schöpfungsmythos durch den Baum der Erkenntnis in der Mitte des Gartens symbolisiert. Er steht für all das, was zu beachten ist, damit der Garten ein vor allem Bösen geschütztes Paradies zu bleiben vermag. Seine Früchte, die Früchte eines umfassenden Wissens über die Welt, sind den Menschen verwehrt. Erkenntnis ist ja prinzipiell nichts Schlechtes. Aber wer alles haben will, wer so die Grenzen des Gar-tens übersteigt, hat ihn mit all seinen Vorzügen zugleich verloren. Es geht hier keineswegs um die verbotene Frucht selbst, sondern um die mit ihr repräsentierte, symbolisch zum Ausdruck gebrachte Grenze.

In der biblischen Erzählung entwickelt sich ein Ringen um dieses Verbot, um diese Grenze. Ein Verführer tritt auf, in der Gestalt einer sprechenden und klug argumentierenden Schlange. Ihr gelingt es, die beiden ersten Menschen immer mehr an diesem „Grenz-Baum“ festzuhalten, die Blicke auf ihn zu fesseln. Das Verbotene zieht magisch an – im Vergleich mit diesen Früchten erscheinen die vielen, vielen anderen im Garten nun uninteressant, ge-radezu langweilig. Das von Gott gesetzte Verbot wird systematisch auseinander gepflückt, bis es seine Schärfe verloren hat, bis dessen Übertretung nicht anders als harmlos, sinnvoll, geradezu notwendig erscheinen kann. Und dann geschieht der Griff nach dem Verbotenen. Die Folge lässt nicht lange auf sich warten. Die beiden Menschen erkennen ihre Nacktheit und schämen sich. Wer die Gartengrenze überschritten hat, ist zugleich der Schutzlosigkeit preisgegeben, hat die Geborgenheit, die der Garten gewährte, verloren.

Das Ende dieser mythologischen Gartengeschichte kann zum einen als Mahnung verstanden werden: Wer die begrenzenden Regeln verletzt, die den Garten zu einem Hort der Gebor-genheit, eines sorgsamen Miteinanders, des unbeschwerten Genießens machen, der verlässt ihn damit, beschädigt und zerstört ihn vielleicht sogar. Geborgenheit und Freiheit kann es nur innerhalb respektierter Grenzen geben. Das können die Außengrenzen des Gartens sein, genauso wie die mit dem Baum der Erkenntnis symbolisierten Innengrenzen, die ihn vor Be-schädigung und Zerstörung schützen.

Am Ende der Geschichte steht zwar der Verlust des Paradiesgartens, aber Gott gibt den Menschen dennoch Hilfreiches mit auf den Weg: Kleider gegen die Schutzlosigkeit in einer Welt, in der es nun Gut und Böse gibt, in der die kleinen Gärten der Lebensfreude und Un-beschwertheit nun – oft mühsam genug – erarbeitet, gehegt und gepflegt werden müssen. Vom großen Paradiesgarten bleibt – rückwärts gesehen – nur noch die Sehnsucht, vorwärts gerichtet aber ist es die Hoffnung, ihm in ‚kleiner Münze’ da und dort doch wohltuende Gestalt geben zu können.

Für alle Menschen, auch für Kinder ist der Umgang mit eigenen Grenzen wichtig. Sie können ganz bestimmt den Reiz der verbotenen Frucht in der Erzählung nachvollziehen, auch die Lust, gesetzte Grenzen zu überschreiten. Wie schlimm ist das? Welche Folgen hat es? Welche Grenzen sind unumstößlich, welche veränderbar? In allen diesen Fragen geht es um das kon-struktive Umgehen mit Grenzen – eine Daueraufgabe für die Kinder und alle ihre Bezugspersonen.
Die biblische Geschichte stellt den Reiz, über die Grenzen zu gehen, vor Augen. Sie verweist auf die Autorität, die Grenzen setzt und die Folgen des Übertretens, die schlimm, aber letzt-lich auch erträglich sein können. All das bietet viele Anregungen für theologische Gespräche über eigene Erfahrungen mit Grenzen, mit Verboten, ihrem Übertreten und den Folgen.

- Der folgende biblische Erzählvorschlag knüpft an den zu Gen. 2 an. und nimmt auch das Gespräch zwischen den beiden erdachten Personen Simon und Daniel wieder auf. Dass die Geschichte keine historische Begebenheit berichtet, sondern typisch Menschliches zur Sprache bringt, das kommt auch in den Bemerkungen Daniels zum Ausdruck, der immer wieder solche Bezüge herstellt.

- Die Formulierungen in der Bibel zur Begründung des Verbots (Erlangung der Un-sterblichkeit; sein wie Gott; wissen, das gut und böse ist) wird so zum Ausdruck ge-bracht, dass der Garten Gottes Eigentum bleibt, dass dies in einem begrenzenden Verbot zum Ausdruck kommt, und dass das Sorgen um das Wohlergehen anderer Le-bewesen auch das Verzichten verlangt.

- Die tiefe Symbolik der den Menschen gesetzten Grenze in der Mitte des Paradies-gartens wird als Erinnerungszeichen für die Notwendigkeit des Verzichtens vorge-stellt.

- Die Gespräche zwischen Adam, Eva und der Schlange bieten mancherlei Gelegenheit, sie auf dem Hintergrund der eigenen Erfahrungen der Kinder mit der Lust am Über-treten von Grenzen weiter auszuspinnen (vgl. dazu v.a. auch die Gesprächsanregun-gen).

-  Die Vertreibung aus dem Paradies in die Mühe und Plage des Alltags hinein wird im Blick auf die Erfahrungswelt der Kinder abgemildert: Freude am Garten ist jetzt sehr deutlich auch mit Mühen und Verzicht samt Enttäuschungen verbunden, vor al-lem mit mancherlei einschränkenden Regeln. Aber im Schönen, das der Garten bietet, lässt sich auch immer wieder die freundliche Zuwendung Gottes als des Schöpfers unserer Welt wahrnehmen.

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