Josefs Engel  (Matthäus 1,18-25)

 

Ziele:
• wahrnehmen, wie Josef mit den Traumbotschaften des Engels seine Rolle und Aufgaben in der Geburtsgeschichte Jesu finden kann
• mitempfinden, wie das Gefühl des Ausgeschlossenseins von etwas Wichtigem schmerzt und das Gefühl der Zugehörigkeit gut tut
• sich die Bedeutung der Engelbotschaften in den Weihnachtsgeschichten bewusst machen

 

In den Weihnachtserzählungen spielt Josef meist nur eine Nebenrolle. Alles dreht sich um die Mutter Maria und das Kind. Auch auf den Weihnachtsbildern der christlichen Kunst steht er oft am Rande des Geschehens. Aber das Matthäusevangelium setzt da einen anderen Akzent. Mehrfach bekommt Josef im Traum eine wichtige Engelsbotschaft übermittelt. Ihnen widmet sich der folgende Erzählvorschlag in besonderer Weise und nimmt so eine Facette der Weihnachtsgeschichten auf, die sonst kaum beachtet wird. Dabei werden vertraute Elemente der Weihnachtsgeschichte des Lukasevangeliums mit aufgenommen und mit den besonderen Akzenten des Matthäusevangeliums verknüpft.

Die biblische Vorlage geht von der Jungfrauengeburt Mariens samt der damit verbundenen Irritation des Josef aus: „Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als seine Mutter Maria mit Josef verlobt war, stellte sich heraus, bevor sie geheiratet hatten, dass sie schwanger war vom heiligen Geist. Ihr Mann Josef aber war rechtschaffen und wollte sie nicht in Schande bringen; so nahm er sich vor, sich heimlich von ihr zu trennen.“ Theologisch entscheidend sind hier aber nicht die biologischen Zusammenhänge solcher Zeugung und Schwangerschaft, sondern deren theologische Deutung: die Nähe Gottes, die Jesus in seinem späteren Wirken verkörpert hat, seine besondere Gottesbeziehung, seine Begabung mit göttlichem Geist, seine göttliche Vollmacht, die ihn von allen anderen Menschen unterscheidet, ist ihm vom Beginn seines Lebens an vorgezeichnet. Das macht seine - im Lukasevangelium mit der Engelsbotschaft an Maria angekündigte - Geburt zu einer ganz besonderen. Sie nimmt Maria in diesen besonderen, durch göttlichen Willen bestimmten Lebensweg Jesu mit hinein – und schließt zugleich Josef aus. Aber die Engelsbotschaften engen das Geschehen gerade nicht auf eine biologische Mutterschaft Marias ein, sondern blicken auf das vollmächtige Wirken des erwachsenen Jesus voraus. Der Traumengel des Josef nimmt überdies Josef bewusst in das Geschehen mit hinein, spricht ihm die Vaterrolle zu, stellt ihn vor entsprechende Aufgaben („ du sollst ihn Jesus nennen“). Und genau darauf konzentriert sich der folgende Erzählvorschlag.

Was bedeutet das für die Kinder? Zum einen geht es um kränkende Gefühle des Ausgeschlossenseins und deren Aufhebung in neu erfahrener Zugehörigkeit. Das kennen auch schon kleine Kinder, darüber lohnt es sich mit den Kindern zu reden.
Die Wendung zum Positiven geschieht mit der Engelsbotschaft. Die Kinder können zum anderen mit dieser Geschichte entdecken, wie in der Weihnachtsgeschichte mit den Engeln, die ihnen in der Adventszeit vermutlich wieder in vielerlei Varianten und Symbolik begegnet sind, gleichsam die Wegweiser aufgestellt sind, die auf die einmalige Gottverbundenheit des erwachsenen Jesus in dessen Wirken in Wort und Tat verweisen.

 

Erzählanregung

Müde und erschöpft kommt Josef von der Arbeit heim. Den ganzen Tag über hat er in Nazareth zu tun gehabt. Er hat beim Bau eines neuen Hauses Holzbalken zurecht gesägt und an den fertigen Hauswänden befestigt, mit denen dann das flache Dach des Hauses gebaut werden konnte. Aber jetzt endlich ist Feierabend. Josef freut sich auf Maria, die er bald heiraten will. Da gibt es ja noch so viele zu besprechen.

Maria wartet schon auf ihn in dem Haus, das bald ihre gemeinsame Wohnung werden soll. Sie hat das Abendessen hergerichtet und den Tisch festlich gedeckt. Josef wundert sich, denn es ist ja ein ganz normaler Werktag und er weiß von keinem Fest, das es zu feiern gilt. „Gibt es heute etwas Besonderes?“, fragt er Maria. Die hat schon auf diese Frage gewartet, denn sie fängt gleich mit dem Erzählen an: „Ja, Josef, es gibt etwas Besonderes, sogar etwas sehr, sehr Besonderes“. Josef ist gespannt darauf, was Maria zu berichten hat. „Es hat ein paar Tage gebraucht, bis ich so weit war, dass ich es dir sagen kann“. „Was mag das wohl sein?“ denkt sich Josef neugierig und sagt: „Los, erzähl‘ schon, ich kann es kaum erwarten!“ Und Maria erzählt: „Mit ist ein Engel begegnet, der Engel Gabriel, der Bote Gottes, und der hat mir gesagt, dass wir ein Kind bekommen“. „Wieso“, fragt Josef verwundert, „sagt dir das ein Engel? Ist denn mit dem Kind etwas Besonderes?“ – „Ja“, antwortet Maria, „dieses Kind ist von Gott dazu bestimmt, den Menschen Gottes Liebe und Nähe zu zeigen. In dem, was es als Erwachsener tun wird, werden die Menschen erleben und kennenlernen, wie Gott für uns da ist und wie er uns hilft“.

Josef kommt aus dem Staunen nicht heraus: „Das heißt“, meint er nachdenklich, „er soll der Bote Gottes, der neue König sein, auf den wir alle warten?“ Maria nickt. „Und warum wirst gerade du seine Mutter sein?“, fragt Josef weiter. „Das habe ich den Engel auch gefragt“, berichtet Maria weiter. „Und er hat geantwortet: Gott hat dich ausersehen, die Mutter dieses ganz besonderen Kindes zu sein, was ein wahres Gotteskind sein wird!“ Maria erzählt weiter, dass sie zuerst erschrocken ist und es Josef deshalb gar nicht sagen konnte, und dass sie sich jetzt aber darauf freut, die Mutter dieses Kindes zu sein, mit dem Gott selbst unter den Menschen da sein wird. „Freust du dich mit mir?“ fragt sie zum Schluss Josef.

Aber Josef geht jetzt zu viel durch den Kopf. Er versucht sich die Begegnung Marias mit dem Engel vorzustellen: Er sieht vor seinem inneren Auge Maria im hellen Licht dieses Engels leuchten. Doch das ist nicht mehr seine Maria, die zu ihm gehört. „Die gehört jetzt ja mit diesem Baby zu Gott, nicht mehr zu ihm“, denkt er sich. Ein unangenehmes Gefühl steigt in ihm auf. „Ich gehöre da nicht dazu, zu dieser Gottes-Maria mit ihrem Gotteskind“, murmelt er unhörbar vor sich hin. Es ist ein bitterer Gedanke. „Diese Sache mit dem Engel und seiner Botschaft geht nur sie etwas an, nicht mich. Ich war ja nicht dabei, ich habe von dem Glanz nichts abbekommen“. Josef liebt seine Maria sehr, sie wollten ja bald heiraten. „Aber das ist jetzt eine andere Maria“, setzt sich in ihm der Gedanke fest. „Sie steht jetzt viel zu sehr auf der Seite Gottes, als dass sie noch zu mir gehört.“ Maria spürt, dass sich Josef nicht mit ihr mitfreuen kann und versucht ihn zu trösten. Aber Josef sagt: „Maria, lass mir Zeit, darüber nachzudenken!“

In der folgenden Nacht hat Josef einen Traum: es ist jetzt auch für ihn etwas ganz, ganz Besonderes. Der Engel Gabriel begegnet auch ihm und sagt: „Josef, ich kann gut verstehen, wie dir zu Mute ist. Das Baby und mit ihm auch seine Mutter Maria gehören sehr auf die Seite Gottes. Aber du gehörst dazu! Das Kind ist auch dein Kind, du bist sein Vater und du hast wichtige Aufgaben, die nur du erfüllen kannst“. Josef ist in seinem Traum sehr aufmerksam, hört genau jedes Wort, das der Engel sagt: „Josef, du hast die Vateraufgaben, so wie Maria die Mutteraufgaben hat. Zu ihnen gehört als erstes, dass du dem Kind seinen Namen gibst. Jesus soll es heißen, denn dieser Name zeigt an, dass mit diesem Jesus Gott selbst mit seiner Hilfe ganz nahe bei den Menschen ist. So wie das Baby später als erwachsener Mann den Menschen in Not helfen wird, so braucht es zuerst zusammen mit Maria deine Hilfe. Ihr beide werdet schwierige Wege zu gehen haben, und du wirst der Anführer eurer kleinen Familie sein. Josef, hab keine Angst“. Und der Engel sagt weiter, „Ich werde dir auch weiterhin zur rechten Zeit wieder im Traum erscheinen und dir dann sagen, was du zu tun hast. Ich bin auch dein Engel.“

Als Josef am Morgen aufwacht, geht es ihm schon viel besser. Jetzt fühlt er sich gar nicht mehr so fern von Maria. Auch er hat seine Engelsbotschaft bekommen, auch er gehört dazu zu Maria und dem Kind. Maria fällt gleich auf, dass es ihm besser geht. Und jetzt kann Josef auch ihr erzählen von dem Besonderen, das er in der Nacht erlebt hat. Beide überlegen nun gemeinsam, wie es weitergehen soll, was in nächster Zeit zu tun ist. Sie machen sich auch Gedanken, was es wohl für schwierige Wege sein werden, die sie zu gehen haben, und auf denen so wichtige Aufgaben auf Josef warten.

 

Gesprächsimpulse

• Als Maria Josef von ihrer Begegnung mit dem Engel berichtet, da spürt Josef unangenehme Gefühle in sich. Welche sind das wohl? Kannst du    
  nachempfinden, wie es ihm da geht und davon erzählen?
• Kennst du auch das Gefühl, wie es ist, wenn man auf einmal nicht mehr dazugehört?
• In der Geschichte hat der Engel gesagt, dass das Baby später den Menschen zeigen wird, wie Gott für uns da ist. Was hat er wohl damit gemeint?
• Auch andere Menschen können einen besonderen Auftrag von Gott haben. Welche Personen aus biblischen Geschichten, die du kennst, fallen dir dazu ein?
• Warum war er für Maria und Josef so wichtig, dass gerade ein Engel ihnen die wichtige Botschaft brachte?
• Können auch Menschen Gottesboten sein? An was kann man das erkennen?
• Welche schwierigen Wege, die auf Maria und Josef warten, hat der Engel wohl gemeint?

 

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