Vertrauenserfahrungen reichen bis an den Beginn des Lebens zurück. Nach der Geburt sind Kinder in ihrer Hilflosigkeit ganz und gar auf die körperliche Nähe, auf den Schutz der Bezugsperson angewiesen. Diese Nähe ist die Bedingung, um überhaupt leben zu können. Die ersten und ursprünglichen Vertrauensgesten vermitteln den Eindruck: „Ich kann leben. Für mich ist gesorgt“. Wo Kinder solche frühen Vertrauenserfahrungen vermissen, nistet sich Misstrauen ein: „Ist wirklich dafür gesorgt, dass ich sicher leben kann?“

Jeder Mensch muss Situationen erleben, die sein Vertrauen in Frage stellen. Jeder Mensch muss lernen, über enttäuschtes Vertrauen hinweg zu kommen und neues Vertrauen zu gewinnen. Deshalb ist es wichtig, dass das Vertrauen stärker ist als gleichzeitig wirkendes Misstrauen.

 Mit zunehmendem Alter wächst der Aktionsradius der Kinder: Vom Körperkontakt zur Mutter über das Kinderzimmer zu Wohnung und Garten. Erlebtes Vertrauen macht Mut, weitere Kreise zu ziehen, über den Bereich des Gewohnten hinaus in Neuland vorzudringen. Solange die Vertrauensperson erreichbar ist, kann sich das Kind auch selbst etwas zutrauen und dabei begrenzte Risiken in Kauf nehmen.

Die gilt nicht nur für den körperlichen Kontakt zur Bezugsperson, sondern auch in einem weiteren Sinn. Manchmal reichen auch Vertrauenszeichen: Das Kopfkissen aus dem Elternbett; im Elternbett einschlafen dürfen; der Teddybär, der überall mit dabei sein muss, wenn es ins „Neuland“ hinein,  in die „Fremde“ geht. In einem noch weiteren Sinn sind es auch Geschichten vom Vertrauen, die Kinder in sich aufnehmen, die sie mitnehmen.

In Geschichten geschieht etwas sehr Wichtiges: Zunächst wird Vertrauen bedroht und gefährdet. Die Hauptpersonen erleben Enttäuschungen und Niederlagen. Doch am Ende gewinnen sie ihr Vertrauen neu und verstärkt zurück. In Geschichten spielen Kinder durch, was ihnen im Leben begegnet: dass Vertrauen belastet und bedroht wird und sich gerade dadurch bewähren kann. Immer wieder vergewissern sich Kinder in ihren Lieblingsgeschichten, dass Vertrauen tragfähig ist und den Herausforderungen standhält.

Kleine Kinder leben noch in der Gewissheit, dass die schützende Kraft ihrer Bezugspersonen überall hin reicht. Im Lauf der Jahre wächst die schmerzhafte Einsicht, dass solche Reichweite begrenzt ist. Schon der Eintritt in die Kindertagesstätte markiert einen wichtigen Einschnitt: Mutter und Vater sind jetzt weiter weg, sie können nicht jederzeit da sein. Andere Bezugspersonen sind nun da, aber auch die sind nur zeitlich begrenzt verfügbar.

Von Gott erzählen

Von Gott gilt, dass sein schützender Einfluss überall hin reicht, vor allem: dass er in allen möglichen Enttäuschungen, die uns treffen werden, bei uns bleibt und zu uns hält. Deshalb trägt letztlich das Vertrauen auf Gott weiter als das auf Menschen. Freilich gilt auch: Beim Gottvertrauen muss ich auf körperliche Nähe verzichten, muss ich mich ganz auf Gottes Zusagen verlassen.

Hinweise zum Erzählen

Biblische Vertrauensgeschichten erzählen, wie Menschen auf dem Weg in eine ihnen unbekannte Zukunft sind, wie sie den Zuspruch Gottes als Begleitung mitnehmen. Sie erzählen, wie sie sich an diesem Zuspruch festhalten, auch in Gefahren, in Angst und Zweifel. Sie erzählen, wie sich diese Worte des Vertrauens von Gott her als tragfähig erweisen, wie die Vertrauenden ans Ziel kommen und Gott für dessen Begleitung danken.

Bei der Erzählvorbereitung biblischer Vertrauensgeschichten geht es zum einen darum, sich gemäß dem oben Bedachten in eigene Erfahrungen des Vertrauens und das der Kinder hinein zu fühlen und hinein zu denken. Zum anderen gilt es, im Anschluss an die theologische Klärung, den Zuspruch des Vertrauens von Gott her so eindrücklich zu vermitteln, dass die Kinder ihn auf ihren Weg mitnehmen können. Im Erzählen der Geschichte gehen wir also von bekannten menschlichen Erfahrungen des Vertrauens und auch des Misstrauens weiter zu etwas Neuem. Wie nimmt die biblische Person Gottes Vertrauenszusage in sich auf? Wie wird sie ganz wertvoll und gerade in schwierigen Situationen zu einer hilfreichen Stütze?

Mit den biblischen Vertrauensgeschichten werden unsere Bemühungen, durch persönliches Wirken den Kindern Vertrauenserfahrungen zu ermöglichen, keineswegs überflüssig. Diese Erfahrungen werden vielmehr aufgenommen und weiter geführt. Dabei gehen sie über die Grenzen dessen hinaus, was wir Menschen anderen geben können. Immer wenn in solchen Geschichten vom Glauben die Rede ist, dann ist das Vertrauen auf Gott gemeint, die Bereitschaft, den Zuspruch von Gott her für sich gelten zu lassen, samt der Erfahrung, dass dieser Zuspruch wirklich trägt. 

 

Kindersituationen und sich auf sie beziehende biblische Geschichten

 

Kinder haben ein Bedürfnis nach Geborgenheit

-         Kinder, die neu in den Kindergarten kommen

-         Kinder, die vor Neuem Angst haben

-         Kinder, die von einem Freund enttäuscht worden sind

-         Kinder, die ein Unglück erlebt haben

 

Vertrauensgeschichten erzählen, wie Menschen von Gott begleitet werden

 Im Bereich des Alten Testaments denken wir an den Erzvater Israels, an Abraham, der seine Heimat verlassen musste. Gott ging mit ihm mit. Er begleitete ihn mit seinem Versprechen, ihn in ein gutes Land zu bringen. Abraham kam ins verheißene Land. Er erlebte, wie Gottes Zusage Wirklichkeit wurde (1. Mose 12).

Weiter denken wir an Jakob, den einen der beiden Söhne Isaak. Er hatte seinen Bruder Esau betrogen und musste fliehen, weit weg, zur fernen Verwandtschaft. Im Traum erschien ihm Gott und gab ihm sein Versprechen: „Fürchte dich nicht, ich bin bei dir, überall, wo du auch hinziehst.“ Gott hielt zu Jakob, obwohl er es nicht verdient hatte. Er ließ ihn auf seiner Flucht nicht allein. An Gottes Versprechen hielt sich Jakob fest (1. Mose 28,10-10).

Im Bereich des Neuen Testaments denken wir an die Geschichte von der Sturmstillung (Matthäus8, 23-27 und Markus 4,35-41). Das Boot erscheint auf künstlerischen Darstellungen oft als ein Zeichen der Geborgenheit und Sicherheit, während ringsum das Meer tobt. Beides ist hier beieinander: Die Geborgenheit bei Gott, die der schlafende Jesus verkörpert, und die Bedrohung, die mit den Wellen ins Boot hereinschwappt.

 

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