Franz von Assisi: Ein Freund allen Lebens

Ziele

  • Mit Franz von Assisi einen Heiligen kennenlernen, der christliche Überzeugung konsequent gelebt hat
  • Im Wirken des Franz von Assisi Wesentliches einer christlichen Wertorientierung (Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung) wahrnehmen

Vorüberlegungen

Die folgende Erzählung, deren einzelne Abschnitte auch unabhängig voneinander verwendet werden können, stellen wichtige Begebenheiten und Legenden zum Leben und Wirken des Franz von Assisi in einer für Kinder gut fassbaren Form vor. Die einzelnen Abschnitte setzen dabei besondere Akzente:

  • Ein Einleitungsabschnitt stellt den Sohn der wohlhabenden Familie Bernardone vor. Das vermittelt so auch einen kleinen Einblick in die wirtschaftlichen Zusammenhänge des aufblühenden Geldwesens und in den damit entstandenen Reichtum in Teilen der Bürgerschaft.
  • Die Wende im Leben des Franz wird an seinen Begegnungen mit Aussätzigen festgemacht und auf Erfahrungen bezogen, die auch Kinder machen können: man sieht etwas, das einem vorher gar nicht aufgefallen war; man spürt Mitleid als Antrieb zum Helfen; man spürt ein warmes Gefühl. Diese neue Sichtweise ist eng verbunden mit den Jesusgeschichten. Das eröffnet auch Gespräche mit den Kindern darüber, wo überall Franz gleichsam in die Fußstapfen Jesu getreten ist.
  • Ein wichtiger Schritt für Franziskus war die Trennung vom Elternhaus. Da gilt es verständlich zu machen, dass dieser Bruch für ihn unvermeidlich war im Sinne seiner neuen Lebensperspektive. Franz spürt, dass Helfen in seinem eigentlichen Sinne nicht von oben herab geschehen kann, im Sinne eines freundlichen Almosens, sondern dass Helfende und Empfänger der Hilfe auf gleicher Ebene stehen sollten. Ob und inwiefern den Kindern diese Absicht, die „Armut zu teilen“, zugänglich ist, muss sich in den Gesprächen zeigen.
  • Als Friedensstifter begegnet Franziskus im Miterleben der entstehenden Gemeinschaft und ihrer neuen Regeln. Hier können die Kinder gut mit eigenen Überlegungen anknüpfen, wie das Frieden-Stiften in der eigenen Gemeinschaft möglichst gut gelingen kann. Zugleich wird auf das bekannte, lange Zeit Franz von Assisi zugeschriebene Friedensgebet angespielt..
  • Für die Kinder gut zugänglich ist auch die Liebe des Franz zur umgebenden Natur. Das wird bei den Kindern auf große Sympathie stoßen. Im Hintergrund der Erzählung steht die Überlegung: Wer mit dem Tier spricht, nimmt Beziehung zu ihm auf und schafft Nähe.
  • Die Naturverbundenheit öffnet sich auf den Dank an Gott, den Schöpfer, hin. Die Sensibilität des Franz nimmt in den Blick, was Natur uns bedeuten kann, und regt zur Fortsetzung des Sonnengesangs mit eigenen Worten, Gedanken und auch Bildern an.

 

Erzählung

I
Im Haus der Familie Bernardone ist jeden Tag viel los. Pferdewagen fahren in den großen Hof, Stoffballen werden abgeladen und in den großen Lagerraum getragen. Vater Bernardone prüft die Stoffe und bezahlt die Männer, die sie gebracht haben. „Das ist gute Ware“, murmelt er dann leise vor sich hin, „die kann ich mit Gewinn weiterverkaufen“.
Nach einer Weile kommt auch sein Sohn Franz in den Lagerraum. Er ist kleiner als andere, obwohl er schon erwachsen ist. Auch er prüft die Stoffe, lässt den einen und anderen durch seine Hand gleiten. Er murmelt vor sich hin: „Ja, der ist schön, aus dem lasse ich mir einen neuen Umhang machen. Und aus dem da eine neue Weste. Dann werden die anderen staunen, wie toll ich aussehe“. Und tatsächlich, ein paar Wochen später zeigt er sich mit neuem, prächtigem Gewand seinen Freunden. „Gut siehst du aus, Franz“, sagen sie, so gefällst du uns. Es ist doch bestimmt schön, reich zu sein!“ Und Franz nickt ganz zufrieden.

II
Aber dann hat er ein Erlebnis, das er nie mehr vergisst. Er reitet aus seiner Heimatstadt Assisi hinaus und will in die Nachbarstadt Perugia. Dort will er sich mit Freunden treffen. Etwas abseits der Straße sieht er ein paar ärmliche Hütten. Die sind ihm bisher noch nie aufgefallen. Er wird neugierig, hält sein Pferd an, schaut genauer hin und erkennt Menschen bei den Hütten. Und da fällt ihm wieder ein, was andere von denen erzählt haben. Er hatte das ganz vergessen. Es sind Kranke, die nie mehr gesund werden. Und weil die Gesunden Angst haben, von ihnen angesteckt zu werden, mussten sie für immer die Stadt verlassen, um fortan arm und elend in diesen Hütten zu leben.

Da überkommt Franz auf einmal ein großes Mitleid. Wie schlimm muss es für diese Menschen sein, nie mehr zu anderen gehen zu können, um mit ihnen zu reden, zu essen, zu feiern. Und ihm fallen Geschichten ein, die er von Jesus gehört hat: nämlich dass Jesus auch zu solchen Aussätzigen gegangen ist, sie besucht und auch geheilt hat. „Sie sind Menschen wie ich auch“, murmelt er vor sich hin, „sie sind auch Gottes Kinder, wie wir alle!“ Und dann gibt er sich einen Ruck und sagt zu sich selbst ganz laut: „Wenn die nicht zu mir kommen dürfen, dann komme ich eben zu ihnen“. Und er geht zu ihnen hin, begrüßt sie freundlich. Zuerst sind die Leute sehr verwundert, dass dieser reiche junge Mann zu ihnen kommt, aber dann freuen sie sich riesig über seinen Besuch. Franz redet mit ihnen, erzählt ihnen von dem, was so alles in der letzten Zeit in der Stadt geschehen ist, und er isst auch mit ihnen. „Endlich sind wir nicht mehr so abgeschnitten von der Welt“, sagen sie, „endlich kümmert sich jemand um uns!“ Franz reitet an diesem Tag nicht mehr nach Perugia weiter, sondern langsam nach Hause. Er ist noch tief beeindruckt von der Begegnung mit diesen Menschen. Die haben sich so gefreut, mehr als alle anderen, zu denen er sonst kommt. Und das gibt auch ihm ein gutes Gefühl. Er hat neue Freunde gewonnen. Wenn er an sie denkt, wird ihm ganz warm ums Herz.

III
Von diesem Tag an sieht Franz die Welt mit anderen Augen. Jetzt fallen ihm Sachen auf, die er vorher gar nicht gesehen hatte. Jetzt sieht er zum Beispiel die vielen Menschen, dir nur alte, zerlumpte Kleider anhaben. Und ihm wird klar, dass sie sich in ihrer Armut keine besseren leisten können. Und da kommen ihm seine eigenen teuren Kleider gar nicht mehr so wertvoll vor. Deshalb fasst er den Entschluss, von den Stoffballen im Elternhaus, die ihm gehören, Mäntel für solche Menschen schneidern zu lassen. Von denen nimmt er nun immer welche mit, wenn er mit seinem Pferd unterwegs ist. Und wenn er jemand sieht, der besonders schlimm dran ist, dann steigt er ab und sagt zu ihm oder ihr: „Im Namen Jesu schenke ich dir dieses Gewand! Es soll dir zeigen, dass du ein Gotteskind bist wie jeder andere auch. Es soll dich an kalten Tagen wärmen!“ Und immer, wenn er dann sieht, wie glücklich die Menschen sind, wie sie sich über den Mantel freuen, dann freut auch er sich und es wird ihm wieder ganz warm ums Herz.

Natürlich spricht es sich schnell herum, dass Franz Bernardone so seltsam geworden ist. „Warum macht er das bloß?“ fragen sich die Leute untereinander. Er könnte doch ein so schönes Leben haben!“ Mit seinen Eltern gerät er sogar in Streit. „Deine Aufgabe ist es nicht, Kleider zu verschenken, sondern zu verkaufen“ schimpft der Vater. „Solange du in meinem Haus bist, musst du dich an unsere Regeln halten!“ – „Das kann ich nicht“, antwortet Franz.
Und dann zieht er all seine schönen, kostbaren Kleider aus und einen schäbigen, alten Mantel an. „Ich will jetzt so leben wie meine neuen Freunde!“ sagt er. „Ich will ihre Armut teilen, so wie auch Jesus die Armut der Menschen geteilt hat“.

IV
Franz zieht sich nun in eine einsame Hütte in den Wäldern zurück. Er muss jetzt viel allein sein und über all das nachdenken, was in letzter Zeit geschehen ist. Und er hat jetzt auch viel im Gebet mit Gott zu besprechen. „Zeige mir bitte, Gott, was ich zu tun haben“, betet er, „ich will wie ein Werkzeug der Liebe und des Friedens in deinen Händen sein. Ich will deine Liebe zu den Menschen tragen. Hilf mir, diese Aufgabe gut zu erfüllen!“ Und dann sieht Franz wieder etwas, das ihm bisher überhaupt nicht aufgefallen war: etliche Kapellen an den Wegen und in den kleinen Dörfern, die Franz besucht, sind verfallen und kaputt. Und er fängt an, sie zu reparieren. Er arbeitet so, wie er es früher nie getan hatte. Die Leute freuen sich darüber, bedanken sich und geben ihm als Lohn Nahrung und was er sonst zum Leben braucht.

Und es kommen Männer zu ihm, die ihm bei der Arbeit helfen. Er erzählt ihnen, warum er das tut, und nach einiger Zeit sagen sie zu ihm: „Franz, wir möchten bei dir bleiben. Wir möchten auch so leben wie du, arm und bescheiden, den Leuten von Jesus erzählen und Gottes Liebe zu ihnen bringen“. Franziskus freut sich riesig darüber. „Wenn ihr das wirklich wollt“, sagt er, „dann sind wir jetzt eine richtige Gemeinschaft. Meine früheren Freunde habe ich alle verlassen. Ihr seid jetzt meine neuen Freunde!“ – „Und du bist unser Anführer“, antworten die, „so wie du früher der Anführer deiner Gruppe warst!“ Franz wehrt ab: „Jetzt ist das ganz anders. Ich sage euch, wie ich die Worte aus dem Evangelium von Jesus Christus verstehe. Aber sonst bin ich euer Bruder, wie wir alle untereinander Brüder sind. Ich bin euer kleiner Bruder Franz“.

Aber die neuen Freunde sagen: „Einer muss doch der Chef sein und anordnen!“ Franz meint darauf: „Wir versuchen gemeinsam alles zu regeln. Wir versuchen in Freundlichkeit und Liebe untereinander in Frieden zu leben. Wir versuchen Frieden zu stiften, wo Streit ist und zu verzeihen, wenn ein anderer nicht gut zu uns war. Wir versuchen einander viel Liebe zu schenken und nicht darauf zu warten, bis die anderen liebevoll zu uns sind“. – „Meinst du, wir schaffen das?“ fragen die Freunde. Franz ist sich ganz sicher: „Gott wird uns dabei helfen!“ Und so war es auch. In den Dörfern sprach sich das schnell herum. Die „kleinen Brüder“, wie sie sich nannten, reparierten nicht nur die Kirchen, sondern gingen zu auch zu den Leuten, die Hilfe brauchten.

Und man erzählte sich wunderbare Geschichten davon: „Franz predigt und heilt, wie es auch Jesus getan hat“, sagten sie. „Ein Gelähmter, der nur noch mit Krücken gehen konnte, kam zu ihm und er heilte ihn im Namen Jesu! Er konnte dann ohne seine Krücken wieder laufen!“

V
„Franz ist ein ganz besonderer Gottesmann“, sagten die Leute immer wieder. Andere meinten dagegen: „Er ist ein Spinner. Er macht Sachen, die kein normaler Mensch tut!“ – „Was denn“, fragten die anderen. Und einer antwortet: „Er spricht mit den Tieren! Ist das nicht komisch?“ Und er erzählte weiter: „Von meinen Freunden habe ich gehört, er ist einmal zu einem Baum gegangen, in dem ein Schwarm Vögel saß, und hat ihnen von Gott erzählt!“ – „Und was haben die Vögel gemacht?“ fragten die anderen. „Die sind ganz zutraulich geworden, sind zu ihm hingeflogen und haben gar keine Angst vor ihm gehabt. Und dann hat Franz zu den Leuten, die ihn beobachteten, gesagt: Auch alle Pflanzen und Tiere sind Geschöpfe Gottes. Und deshalb sind sie unsere Geschwister. Und wir sollen sie auch wie Geschwister behandeln“. Einer der Zuhörer sagt: „Aber deswegen ist er doch kein Spinner. Das ist doch ganz vernünftig, was er sagt! Und wenn er zu den Blumen, Gräsern und Bäumen und redet, ist das doch nicht schlimm!“

An einem Tag waren die Leute in der kleinen Stadt Gubbio ganz froh, dass Franz mit den Tieren reden konnte. Ein Wolf machte den Leuten Angst. Er kam nachts in die Ställe, raubte Hühner, Enten und auch Schafe und fraß sie auf. Die Leute trauten sich abends kaum mehr auf die Straße. Sie holten Franziskus, und er kam. Er setzte sich vor das Stadttor und wartete bis zum Abend auf den Wolf. Als der anschlich, ging Franz auf ihn zu, begrüßte ihn und redete ihn an: „Sei gegrüßt, Bruder Wolf. Ich habe mit dir jetzt etwas Wichtiges zu besprechen!“ Der Wolf setzte sich hin und sperrte die Ohren auf. „Was du tust, das ist nicht richtig. Du machst Tieren und Menschen große Angst. Aber auch du kannst mit den anderen in Frieden leben. Die Leute von Gubbio werden dir jetzt an dieser Stelle immer etwas zu Fressen hinlegen, und du wirst damit deinen Hunger stillen und die anderen in Ruhe lassen. Versprichst du mir das?“ Der Wolf nickte, und es geschah so. Und so wurde der Wolf wie ein friedlicher Hund, der niemand mehr etwas zu Leide tat.

VI
Die schönsten Tage für Franz waren die, wenn er viel draußen war. Er freute sich, wenn ihn am kühlen Morgen die ersten Sonnenstrahlen wärmten, und dann sagte er: „Danke, Schwester Sonne, für deine warmen Strahlen“. Er liebte es auch, nachts im Mondschein zu gehen und sagte: „Danke, Bruder Mond, für dein mildes Licht in der Nacht“. Er freute sich einfach über alles in der Natur: „Danke, Schwester Erde, für die Kraft, die in dir steckt! Danke, Bruder Wind, für die Frische, die du bringst! Danke, Bruder Feuer, dass du uns in den Häusern wärmst und wir mit dir Essen kochen können!“ Sogar zum Tod sprach er: „Danke, Bruder Tod, dass du Tiere und Menschen am Ende ihres Lebens zu Gott in ein neues Leben führst“. Aus diesen Gebeten ist ein Lied entstanden, das die Menschen seither immer wieder gerne gesungen haben.

 

Gesprächsimpulse

II

  • Als Franz an den Hütten der Aussätzigen vorbei kam, lernte er die Welt mit ganz neuen Augen zu sehen. Was meinst du, was er jetzt anders gesehen hat als vorher?
  • Mitleid ist ein wichtiges Gefühl. Es hilft uns Sachen zu tun, die anderen Menschen helfen. Kannst du davon erzählen, wie du Mitleid gespürt hast?
  • Wenn man anderen eine Freude macht, kommt oft die Freude wieder zu einem selbst zurück, und es wird einem ganz warm ums Herz. Kennst du dieses Gefühl? Erzähle davon!
  • Franz tat Manches, das wir auch schon von Jesus kennen. Welche Gemeinsamkeiten fallen dir auf?

III

  • Eigentlich hatte ja der Vater recht, dass ein Händler seine Waren zum Verkaufen da hat und nicht zum Verschenken. Kannst du den Ärger des Vaters verstehen?
  • War es richtig, was Franz getan hat, als er die Kleider verschenkte?
  • Franz beschloss, selbst genauso arm zu werden die die Leute, denen er helfen wollte. War das eine gute Idee? Was meinst du dazu?

IV

  • Franz wollte für seine neuen Freunde ein ganz anderer Anführer sein als früher. Was war jetzt anders?
  • Ist es schwieriger oder leichter, mit den Regeln des Franz in der Gemeinschaft zusammen zu leben?
  • Welche Regeln würden deiner Meinung nach auch noch dazu passen?

V

  • Kann man mit Tieren reden? Können Tiere einen verstehen? Was meinst du dazu?
  • Wo meinst du, sollten Menschen ruhig öfter mal mit den Tieren reden?
  • Man muss ja dem Franz von Assisi nicht alle nachmachen. Es gibt Tiere, denen man besser nicht ungeschützt gegenübertritt. An welche denkst du dabei? Was könnte man tun, damit es auch solchen Tieren gut geht?

VI

  • Franz hat Gott für so Vieles in der Natur gedankt, für Sonne und Mond, Erde und Feuer usw. Für was in der Natur könnte man außerdem noch danken?
  • Franz hat auch für den Bruder Tod gedankt. Findest du das nicht seltsam? Ist der Tod denn nicht der Feind alles Lebendigen?
     

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