So spricht viel dafür, diesem sog. „monoreligiösen“ Modell den Abschied zu geben und es durch das sog. „multireligiöse“ zu ersetzen. Dessen Kennzeichen ist nun, daß alles nebeneinander Platz haben darf. Der Kindergarten soll Heimat sein für alle religiösen Traditionen, welche die Eltern und Kinder mitbringen. Religiöse Aufgeschlossenheit zeigt sich auch darin, daß eben auch das muslimische Zuckerfest in der Einrichtung gefeiert wird. Solche Bereitschaft, religiöse Vielfalt zu achten, ist hoch einzuschätzen. Aber auch sie kommt an ihre Grenzen. Bleibt das bloße Nebeneinander religiöser Verhaltensweisen nicht zu sehr an der Oberfläche dessen, worum es in den Religionen wirklich geht? Werden sie nicht gründlich mißverstanden, wenn der Anschein erweckt wird, man können religiöse Verhaltensweisen beliebig austauschen, nebeneinander praktizieren? Heute Weihnachten, morgen Zuckerfest, übermorgen die Feier vor einem Hindualtärchen. Religionen wollen ernst genommen sein als das, was ein Leben tragen kann und hilft, mit den tiefsten und schwersten Fragen des Lebens umzugehen. Das ist mehr als „Religion light“ mit einem Häppchen hier und einem Häppchen dort. Religiöse Erziehung zielt darauf, nach und nach den Kindern Religion als ein in sich stimmiges Gefüge zugänglich zu machen, das es nicht bloß beim Nebeneinander belassen, sondern einem zur religiösen Heimat werden will, für das man Position bezieht, zu dem man stehen kann, trotz mancher Spannungen und auch Vorbehalte. Wie wichtig diese Aufgabe ist, zeigt doch der Umgang mit religiösen Strömungen. Da gibt es viele „Gurus“, die ihre Lehren zum Heil der Welt erklären, kostspielige religiöse Trainings verkaufen. Der religiöse Markt motiviert dazu, alles auszuprobieren. Umgang mit religiöser Pluralität aber erfordert eine eigene Position, von der aus das andere sortiert, geprüft, beurteilt werden kann. Und dem entsprechend fordert religiöse Erziehung Verwurzelung in einer religiösen Tradition, um solch einen Standpunkt gewinnen zu können. 

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