44 - Bileam und seine Eselin
 
      (zu: Tobias und sein Engel, Seite 197)
 
„Vor langer, langer Zeit wohnte in einer Gegend, die heute ‚Vorderer Orient‘ heißt, ein Mann mit dem Namen Bileam. Der hatte die besondere Gabe, mit Gott zu reden und auch Antworten von ihm zu hören, so wie es auch von Abraham und anderen berichtet habe. Und er konnte mit ganz besonderer Kraft Menschen segnen oder auch den Segen verweigern. Sein Segen war den Menschen in Israel besonders wichtig. Wenn sie ihn nicht bekamen, dann hatten sie Angst, dass es ihnen schlecht geht. Es war dann wie eine schwere Last für sie. Zum Glück konnten sehr viele Menschen, die zu Bileam kamen, mit Gottes Segen wieder weiterziehen.
Eines Tages bekam Bileam Besuch von Menschen, die er vorher noch nie gesehen hatte. Sie begrüßten ihn höflich und er lud sie in sein Haus ein. „Wollt ihr auch Gottes Segen?“ fragte er. Einer der Männer antwortete: „Es geht nicht um uns, sondern um unseren König. Wir sind Abgesandte des Königs Balak. Unser König lässt dich grüßen und hat eine große Bitte. Er mag die Israeliten nicht und hat Angst, dass sie ihm etwas von seinem Königreich wegnehmen. Wenn du aufhörst, sie zu segnen und stattdessen zu unserem König kommst, um bei ihm zu wohnen und ihn zu segnen, dann wird es den Israeliten schlechter gehen und wir können sie aus dem Land vertreiben“.
Bileam schüttelte den Kopf: „Das ist unmöglich. Gott hat dieses Volk seit langer, langer Zeit mit seinem Segen begleitet und so wird es auch weiter geschehen. Sagt eurem König, dass ich seinen Wunsch nicht erfüllen kann“. Betrübt zogen die Boten des Königs Balak wieder ab.
Doch nach einigen Wochen kamen sie wieder, und es waren noch viel mehr. Sie hatten kostbare Geschenke dabei. Und wieder baten sie Bileam eindringlich, den Wunsch ihres Königs zu erfüllen. Bileam zog sich nun zurück, um mit Gott zu sprechen und sagte zu ihm: „Mein Gott, ich kenne ja meine Aufgabe gut, aber ich bin jetzt auf einmal ganz unsicher, was ich tun soll. Vielleicht hat es der König Balak ja verdient, dass nun er deinen Segen bekommt und nicht mehr die Israeliten“. Gott antwortet ihm: „Du kennst deine Aufgabe und weißt, was du zu tun hast. Du kannst auch mit den Boten zurück zu ihrem König gehen und es ihm selbst sagen“.
Jetzt ging Bileam so viel im Kopf herum, er überlegte hin und her. Und dann setzte sich in seinem Kopf fest, dass – wenn er schon zum König mitgehen sollte, er ihn vielleicht doch segnen könnte und dann auch bald wieder zurückkehren. Vielleicht war das jetzt tatsächlich seine Aufgabe. Die Boten des Königs waren hoch erfreut, als sich Bileam mit ihnen auf den Weg in ihr Land machte. Er belud seine Eselin mit allem, was er brauchte, und dann ging es los. ‚Einen König zu segnen, das kann doch nichts Schlechtes sein‘ dachte er sich immer wieder. Sein Esel trug ihn brav, so dass der Weg für ihn ganz bequem war.
Doch plötzlich stockte die Eselin, verließ den Weg und lief in das Feld neben dem Weg hinein. „Was soll das?“ rief Bileam laut und gab dem Tier ein paar Schläge mit dem Stock, bis es endlich ein Wegstück weiter zurück auf den Weg kehrte. „Was ist bloß in meine Eselin gefahren“, murmelte er vor sich hin. So etwas hat sie doch noch nie getan!“
Nach einer Weile war der Weg auf beiden Seiten durch hohe Mauern begrenzt. Und wieder blieb die Eselin stehen und weigerte sich weiterzugehen. Bileam konnte überhaupt kein Hindernis erkennen. Er redete auf das Tier zuerst mit guten und dann ungeduldig mit bösen Worten ein, schlug es wieder mit dem Stock, bis es endlich weiterging. Die Eselin drückte sich aber ganz eng an der Mauer entlang, so als ob ein großes Hindernis den Weg versperrte und auf der Seite fast kein Platz mehr war. Dabei drückte sie Bileams Fuß so sehr an die Mauer, dass es ihm weh tat. Wütend brüllte er seine Eselin an, schlug sie mit dem Stock, bis sie endlich wieder in der Mitte des Weges weiterging. Und wieder machte sich Bileam Gedanken, was wohl in seine Eselin gefahren war, dass sie sich auf einmal so eigenartig verhielt.
Dann führte der Weg durch eine ganz enge Schlucht. Wieder bockte die Eselin und war durch nichts mehr zu bewegen, weiterzugehen. Bileam wurde wütend und schlug auf sie ein, aber sie ließ sich nun einfach auf den Boden fallen und blieb da auf ihren Knien liegen. Und dann geschah Seltsames. Er hörte seine Eselin sagen: „Warum schlägst du mich? Ich kann doch nicht anders als stehenbleiben. Siehst du es denn nicht?“ Bileam schaute nach vorne und jetzt sah er es. Es war auf einmal ganz hell und er sah einen mächtigen Engel mit leuchtendem Gewand und mit einem Schwert, der den Weg versperrte.
Und jetzt wurde ihm alles klar. Jetzt wusste er, dass es zum dritten Mal der Engel war, der ihm den Weg versperrte, und er wusste auch, warum. Aber am meisten wunderte er sich, dass zuerst seine Eselin und nicht er den Engel erkannte.
Gespräch
  •  Wenn der Engel gesprochen hätte, welche Botschaft hätte er wohl dem Bileam ausgerichtet?
  • Warum wohl konnte er den Engel erst so spät sehen?
  • Bileam hat seine Eselin jetzt bestimmt mit ganz anderen Augen gesehen. Was meint ihr dazu?

 

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