25 - Israels Einzug in die neue Heimat in historischer Sicht
 
      (zu: Aus großer Not gerettet, Seite 113)
 
Der Inhalt des Josuabuches hat vielfach zu dem Urteil über das Alte Testament beigetragen, dass es in ihm wesentlich um blutrünstige Ereignisse, Mord und Totschlag gehe. Tatsächlich liest man hier, dass die Städte Kanaans mit Gewalt erobert und alles Lebendige in ihnen getötet worden sei.
 
In historischer Sicht zeigt sich allerdings ein anderes Bild: Entstanden ist das Buch Josua wie etliche andere alttestamentliche Texte frühestens in der zweiten Hälfte des 8. Jh.v.Chr, also in einer Zeit, die von konkreten Erfahrungen von Bedrohung, Niederlage, Vernichtung und Verbannung ins Exil bestimmt war und von dort aus rückblickend sowohl auf kriegerische Aktivitäten, mit denen vor allem David das Großreich Israel und Juda schuf > S,143 D) als auch auf legendenartige Überlieferungen aus der Frühzeit der Einwanderung ins Land.
 
Historisch gesehen war die erzählte Landnahme im Wesentlichen von einer weitgehend friedlichen Sesshaftwerdung der israelitischen Stämme bestimmt. Als beispielsweise die Israeliten die Stadt Ai erobert haben sollen, war das bereits schon lange der Trümmerhaufen einer verfallenen Stadt. Das sogenannte „Infiltrationsmodell“ beschreibt das Einsickern der Nomadengruppen neben der weiter bestehenden kanaanäischen Stadtkultur. Dennoch vermutete kriegerische Aktionen werden mit dem „Revolutionsmodell“ erklärt: Eine unterprivilegierte Schicht im Land habe sich mit eingewanderten Israeliten zu Attacken gegen die herrschende städtische Oberschicht verbündet. Das „Evolutionsmodell“ schließlich geht von einem allmählichen Niedergang der kanaanäischen Städte aus, der einer zunehmenden Sesshaftigkeit der israelitischen Stämme den Boden bereitete.
 

 

Besonders eindrücklich ist das bei dem Bericht zur Eroberung Jerichos, dessen Mauern auf wundersame Weise durch den Klang der Posaunen, wie sie wohl in späteren Jahrhunderten im Tempelkult die Gottesdienste mitgestalteten, zum Einsturz kamen. Für die Menschen in der Spätzeit Israels, der Entstehungszeit des Josuabuches, bedeutete das: Was Gott uns damals geschenkt hatte, das kann er uns auch wieder wegnehmen. Ob er es uns wohl erneut wieder schenken wird? Auf diesem Hintergrund lesen sich die Geschichten im Josuabuch als Zeugnisse der Einsicht, dass Israel das Geschenk des Landes nicht selbst verdient hat. Sie sind auch ein Bekenntnis zu dem Gott, der nicht nur der Stifter des Bundes mit Israel, sondern der Herr über alle Völker ist. Damit verbindet sich die Hoffnung, dass Gott auf neue Weise seinem Volk wieder Heimat schenken werde. 

 

Züruck zu "Digitale Ergänzungen Band 2"

 

Zurück zu " Aus großer Not gerettet"

 

Mose-Überlieferung <<                  >> Mose-Korb