27 - Zum Weiterwirken dieser Rettungserfahrung in der biblischen Überlieferung und
       die Frage zu dunklen Seite dieser Rettung
 
       (zu: Verzweiflung und Rettung auf dem Weg in die Freiheit, Seite 121)
 
Wie prägend dieses dramatische Ereignis für den Glauben Israels an den einen Gott wurde, zeigt uns die weitere Überlieferung des Geschehens: Gottes rettendes Eingreifen wird zu einem wichtigen Merkmal für Gottes Wirksamkeit. Es ist fortan Grundlage eines Gottvertrauens, das gerade in hoffnungslos erscheinenden Notsituationen zur Geltung kommt: auch in auswegloser Lage wird sich durch Gottes Hilfe ein Weg auftun wird, der weiterführt.
 
Zum Weiterwirken dieses Ereignisses in den biblischen Überlieferungen
 
Im Weitererzählen dieser Glaubensgeschichte wurde die Dramatik sogar noch gesteigert. Manche Doppelungen im biblischen Text machen sichtbar, wie spätere Generationen das Wunderbare dieses Ereignisses überhöht haben:
Zuerst: Gott ließ durch einen starken Ostwind die ganze Nacht hindurch das Meer hinweggehen und machte so das Meer zu trockenem Land. (2. Mose 13,21a).
 
Dann: Da wurde das Wasser gespalten, und die Israeliten konnten auf trockenem Boden mitten in das Meer hineingehen, während das Wasser ihnen zur Rechten und zur Linken als eine Mauer dastand. (2. Mose 21b-22).
 
In den Psalmen begegnet die Rettung aus dem Wasser später als Symbol für Gottes Hilfe in der Not: „Ich bete zu dir, Herr…, dass ich errettet werde aus den tiefen Wassern, dass mich die Flut nicht ersäufe und die Tiefe nicht verschlinge“ (Psalm 69,14-16).
 
 
Oft stellt sich beim Lesen alttestamentlicher Rettungs- und Hoffnungsgeschichten die Frage: Warum müssen andere dabei umkommen? In dieser Geschichte sind es die ägyptischen Soldaten, die in ihren Untergang rennen, bei der Noah-Geschichte (1.Mose 7-9) sind es die vielen Tiere und Menschen, die ertrinken; bei Davids Kampf ist es Goliath, der auf der Strecke bleibt (1.Sam 17). Eine Antwort ist zum einen im Wesen der Geschichten begründet, die gegen das Bedrohliche Mut machen: das Böse wird vernichtet, so dass von ihm keine Bedrohung mehr ausgehen kann. Das gilt im Märchen für die Hexe in „Hänsel und Gretel“ wie für den Wolf in „Rotkäppchen“ und begegnet uns eben auch in biblischen Geschichten. In diesem Sinne gehen die Kinder auch mit solchen Geschichten um, identifizieren sich mit den Geretteten, lassen sich in die Freude derer mit hinein nehmen, die mit der Rettung neue Zuversicht gewinnen.
 
Eine andere, theologische Sicht weist uns darauf hin, dass Geschichten von Rettung und Hoffnung immer auch ihren dunklen Hintergrund haben. Den Geschichten von geretteten Menschen stehen Berichte von anderen Ereignissen gegenüber, in denen Menschen umkamen. Dieser dunkle Hintergrund zeigt die Realität unserer Welt an, in der tagtäglich auch viel Schlimmes geschieht. Das stellt uns vor Fragen, wie denn die Bilder von einem gütigen, liebenden Gott dazu passen. Es sind die uralten Fragen, warum Gott das Böse in der Welt zulässt, und ob man angesichts von dessen Wirksamkeit überhaupt noch an Gottes Güte glauben kann. Auflösen lassen sich diese Widersprüche nicht. Aber die biblischen Hoffnungsgeschichten und –botschaften setzen den dunklen Erfahrungen Zuversicht, Lebensmut und Gottvertrauen entgegen. Sie dabei, mit dem Belastenden zurechtzukommen, sich von ihm nicht bestimmen zu lassen. Ausführlicher geht dazu die Noah-Erzählung ein (> v.a. S.39 D; S. 38ff).

 

 

 

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