18 – Glaube als Vertrauen
 
         (zu: Gottes Versprechen unter dem Sternenhimmel, Seite 64)
 
Glaube als Vertrauen und Zuversicht
 
„Ich glaube fest daran, dass…. Ich bin überzeugt davon, dass….“ – solche Redewendungen führen uns zu dem, um das es im Glauben geht. Es ist das Vertrauen auf ein Gegenüber, das sich aus Erfahrungen heraus begründen, aber nicht beweisen lässt. So ist es auch im Hebräerbrief im Neuen Testament formuliert: „Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht auf das, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht“ ( Hebr. 11,1). Zum Glauben gehört die persönliche Bereitschaft, sich in die Beziehung zu einem göttlichen Gegenüber zu begeben, um aus dieser Beziehung heraus das eigene Leben zu gestalten, und um Antworten auf die ‚großen Fragen‘ nach dem ‚Woher und Wohin‘ des menschlichen Lebens und der Welt zu finden.
 
Glauben als Geschenk
 
Vertrauen setzt zwar die Bereitschaft voraus, sich auf eine Beziehung einzulassen und sie aktiv zu gestalten. Aber es ist zugleich das Geschenk, dass es durch verschiedenartige Umstände zu dieser Beziehung gekommen ist. Das gilt entsprechend auch für die Gottesbeziehung. Sie ist ein ‚Gottesgeschenk‘, das es nicht selbst zu schaffen, sondern dankbar anzunehmen gilt – und zugleich ist es die Aufforderung, dieses Geschenk in der eigenen Biografie mit Leben zu erfüllen. Glauben als Geschenk bleibt etwas Geheimnisvolles. Wie es sich im konkreten Leben entfaltet, das zeigt sich in der Glaubenspraxis, in die man hineinwachsen, über die man auch Rechenschaft geben kann.
 
Glauben und Leben
 
Inwiefern hat Glauben Einfluss auf die Lebensgestaltung? Wo Glaube keine Maßstäbe für das ethische Handeln setzt, fehlt ihm Wesentliches. Nicht nur in der Bibel, sondern in allen Religionen wird die Beziehung zum Göttlichen mit Impulsen zu einem menschenfreundlichen Miteinander verbunden. Eindringlich sind Jesu Worte: „Was ihr getan habt einem meiner geringsten Brüder, das habt ihr mir getan“ (Matthäus 25,40).
 
Unterschiedlich ist allerdings, welche Motivation zum Handeln vom Glauben ausgeht: Sind es Drohungen, bei moralischem Fehlverhalten das Seelenheil zu verlieren, oder ist Dankbarkeit für den Glaubens als Gottesgeschenk leitend? In biblischen Texten finden wir beides, aber dominierend im Vordergrund steht doch Letzteres: Die wertvolle Lebensperspektive, die der Glaube eröffnet, nämlich die in der Gottesbeziehung erfahrene Wertschätzung drängt dazu, Nächstenliebe zu praktizieren.
 
Glauben und Wissen
 
In vielen Redewendungen steht ein unsicheres ‚Glauben‘ („ich glaube schon, dass…“) dem sicheren Wissen gegenüber („ich weiß, dass…“), das lediglich Vermutete dem Nachweisbaren. Im Rahmen der wissenschaftlich überprüfbaren Nachweise von Naturgesetzen in ihren erforschbaren Zusammenhängen zeigt ‚Glauben‘ eher Defizite im sicheren Wissen an. Der Rahmen wird weiter gespannt, wenn er Fragen nach dem Sinn des Lebens einbezieht. Es sind die Fragen nach dem, was dem Leben Halt gibt und Zuversicht vermittelt, Fragen nach Zukunftshoffnungen und Überzeugungen, die das eigene Handeln leiten. Mit ihnen bekommt Glauben einen anderen Stellenwert. Jetzt geht es um das, zu dem uns das Wissen keine eindeutigen, beweiskräftigen Antworten geben kann. Es ist das Feld von Überzeugungen, die für die eigene Lebensführung wichtig sind, von Leitlinien für das eigene Handeln, von all dem, auf das Menschen vertrauen.
 
Glauben und Wissen sind Gegensätze und Widersprüche, solange Glaube auf Einsichten pocht, die dem Erforschten widersprechen – das beste Beispiel dafür ist ein Schöpfungsglaube, der darauf beharrt, dass die Welt in sieben Tagen entstanden ist (> S.16 D), allen astrophysikalischen Erkenntnissen zum Trotz. Das gilt aber auch umgekehrt für eine Wissenschaft, die für sich den Anspruch erhebt, alles in der Welt erklären zu können, die keinen Zweifel zulässt. Beispiele dafür sind Ansichten, wonach nur das zählt, was beweisbar ist. Glauben und Wissen passen gut zusammen, wo beide um ihre Grenzen wissen: wo Glaube dem Wissen den angemessenen Raum gibt und Wissen um die eigenen Grenzen weiß.
 
Glauben und Glaube
 
  • ,Glauben‘ bezeichnet die Art und Weise, wie Menschen vertrauen
    – ‚Glaube‘ rückt Inhalte des Glaubens in den Vordergrund.
  • Glauben‘ benennt, wie man glaubt
    – ‚Glaube‘ bezieht sich auf das, was man glaubt.
  • ‚Glauben‘ umschreibt das, wie das Vertrauen gelebt wird
    – ‚Glaube‘ beschreibt, in welchen Inhalten sich dieses Vertrauen darstellen  lässt.
  •   ‚Glauben‘ ist mehr die individuelle Seite dieses Geschehens
    – ‚Glaube‘ zielt auf überindividuelle Merkmale, in denen Menschen Gemeinsamkeiten ihres Glaubens finden.
 
Glauben‘ ist die Art und Weise, wie Menschen mit Glaubensinhalten umgehen. Glauben fordert eigene Stellungnahmen heraus. Sich Glaubenstraditionen anzuschließen bedeutet in diesem Sinne zugleich, sich mit ihnen auch kritisch auseinanderzusetzen, damit auch mit dem, wie Menschen früher geglaubt haben. Was in Glaubensüberlieferungen von Generation zu Generation weitergetragen wurde, beschreibt Ursprünge, Weiterentwicklungen und Veränderungen dessen, was Menschen in ihrem Glauben wichtig war und was auch heutigen Zeitgenossen wichtig sein kann.
 
So zeigt uns die Bibel eine Fülle von Facetten, in denen Menschen durch zwei Jahrtausende hindurch ihrem Glauben Gestalt gegeben haben. Was im Laufe der Zeit zu Glaubensinhalten geworden ist, das ist zugleich darauf angelegt, heute im eigenen Glauben als Vertrauen erneut lebendig und wirksam zu werden. Glauben und Glaube gehören in diesem Sinne zusammen. Die Lebendigkeit des eigenen Glaubens findet Nahrung in den überlieferten Glaubensinhalten. Individuell Glaubende finden in diesen Inhalten Gemeinsamkeit, welche die Gemeinschaft der Glaubenden begründet. Glaubensinhalte schaffen so eine Basis, auf der sich individuell Glaubende zu einer Glaubensgemeinschaft zugehörig fühlen können. Für christlich Glaubende ist Glaube die Weise des Vertrauens zu Gott, wie sie im Wirken Jesu in seinem irdischen Leben und in ihm als dem Auferstandenen erkennbar geworden ist. Glaube sind die überlieferten Facetten dieses Glaubens in der Bibel mit den aus ihr hervorgegangenen Traditionen.
 
Glauben und Lernen
 
Kann man Glauben lernen? Sofern Glaube als Wirken Gottes gesehen wird, kann man ihn nicht lernen, wohl aber, wenn wir ihn in der Sichtweise des menschlichen Verhaltens bedenken. Überzeugungen und Haltungen werden durch vorbildhaftes Verhalten geschätzter Personen angeregt. Das gilt auch für den Glauben. Glaubensentwicklung lässt sich beschreiben, etwa von einem kindlichen bis zu einem ‚reifen‘, erfahrenen Glauben. Die Gefahr solcher Entwicklungssichtweise ist, wenn frühkindlicher Glaube als ‚unreif‘ abqualifiziert wird. Die theologische Sichtweise des Glaubens als Gottesgeschenk mahnt dazu, Glaube in jedem Lebensstadium als tragfähig zu akzeptieren – sofern es kein aufgezwungener, fremdbestimmter, rein äußerlicher Glaube ist, sondern einer, der mit der ganzen Person gelebt wird und das Leben bereichert. Dabei können Merkmale wie Zeichen, Symbole, Gegenstände, Rituale eine wichtige und wirksame Bekräftigungen von Glaubensbotschaften und Glaubenszuversicht sein. In solchen Merkmalen wird Glaube gelernt: in Festen mit ihren Festgeschichten, in Liedern mit ihren Texten, in Gebetsgesten mit ihren Gebetsworten, in Ritualen mit ihren Bedeutungen, in Symbolen mit den Botschaften, die sie transportieren.

 

 

 

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