36 - Ergänzendes zum Inhalt des Buches Rut)
 
        (zu: Rut wagt den Weg in das andere Land, Seite 172)
 
Die Judäerin Noomi lebt im Nachbarland Moab, wohin ihre Familie, die aus Bethlehem stammt, wegen einer Hungersnot ausgewandert war. Ihre beiden Söhne hatten Moabiterinnen geheiratet. Aber als ihr eigener Mann stirbt und durch den Tod auch beider Söhne keine Nachkommen da sind, beschließt Noomi, in ihre Heimat Bethlehem zurückzukehren. Sie schickt auch die beiden verwitweten Schwiegertöchter zu deren Elternhäusern zurück. Rut, eine der beiden, fühlt sich ihrer Schwiegermutter und mit ihr auch dem Volk und der Religion ihres verstorbenen Mannes so sehr verbunden, dass sie dies vehement ablehnt und beschließt, mit Noomi in deren Heimat zu ziehen – in der sie freilich eine Ausländerin, eine Fremde sein wird. 
 
In Bethlehem genießen die beiden mittellosen Frauen das Armenrecht, und Rut darf die bei der Ernte liegen gebliebenen Ähren einsammeln, um sich und ihre Schwiegermutter zu ernähren. Dort kommt es auch zur Begegnung mit dem Besitzer des Feldes, Boas, einem entfernteren Verwandten der Noomi. Aus der Begegnung wird bald eine Liebesbeziehung. Noomi hilft mit, fädelt auch ein, dass sich Rut nach dem Erntefest und bei der Übernachtung auf der Tenne zu Boas legt. Die beiden heiraten, und Rut lebt fortan in geordneten Verhältnissen.
 
Etwas komplexer wird die Geschichte mit dem rechtlichen Hintergrund: nach ihm müsste der nächste männliche Verwandte Noomis Erbbesitz übernehmen und so Noomi wieder in die Familie integrieren. Er müsste dabei aber auch Rut heiraten, um so anstelle der verstorbenen Söhne der Noomi die jüdische Nachkommenschaft zu gewährleisten. Dazu ist er aber nicht bereit. Er lehnt ab und gibt diese Rechtspflicht an Boas weiter, der sie gerne annimmt. Es geht in dieser Sicht also um die Integration von Nachkommen Noomis in den jüdischen Traditionszusammenhang, und zwar angesichts einer mit Rut ausländischen Mutter. Dieser juristische Zusammenhang bleibt in der  Erzählung unberücksichtigt, ebenso wie der folgende:
 

 

Besonderes Gewicht kommt diesen juristischen Regelungen auch deshalb zu, weil der gemeinsame Sohn von Rut und Boas mit Namen Obed als der Großvater des berühmten Königs David gilt, Rut also Davids Urgroßmutter ist. Der Hinweis darauf, dass der als der größte König Israels und Judas verehrte König eine ausländische Vorfahrin hatte, kann als Kritik an nationalistisch-ausländerfeindlichen Tendenzen in der Spätzeit Judas gelesen werden. Die Erzählung ist vermutlich in dieser Zeit legendenhaft ausgestaltet worden. Sie betont, wie sehr auch mit Rut eine Frau aus dem jetzt mit Juda verfeindeten Moab eine treue Anhängerin des Glaubens an den einen Gott war, und wie sie diesem Glauben trotz der damit verbundenen Unsicherheiten und Unwägbarkeiten die Treue gehalten hat. Das macht sie so zu einer in ganz besonderer Weise beeindruckenden Repräsentantin dieses Glaubens. 

 

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